Vor 64 Jahren starb Antifaschist und KPD-Mitglied Philipp Müller in Essen durch die Schüsse eines Polizeibeamten. Der 11. Mai 1952 ging als „Essener Blutsonntag“ in die Geschichte ein und wird von vielen linken Aktivist*innen als Mahntag begangen. Doch abseits davon verschwindet das Gedenken immer mehr aus der öffentlichen Wahrnehmung: 2012 wurde in Halle an der Saale eine der letzten Philipp-Müller-Straßen in Willy-Brandt-Straße umbenannt.
Im März 1952 rief der evangelische Pfarrer Herbert Mochalski zur „Jugendkarawane gegen Wiederaufrüstung und Generalvertrag“ auf, die am 11. Mai in Essen stattfinden sollte. Einen Tag vor der Veranstaltung verbot der damalige christdemokratische NRW-Innenminister Karl Arnold die Kundgebung. Vorgeblich standen keine ausreichenden Polizeikräfte zur Verfügung. Dennoch fanden sich über 30.000 Aktivistinnen und Aktivisten in Essen ein.
Die meisten Veranstaltungen wurden schnell von der Polizei aufgelöst. Lediglich die Demonstrierenden vor der Grugahalle widersetzten sich und bestanden auf ihrem Demonstrationsrecht. Im weiteren Verlauf wurden die Auseinandersetzungen hitziger – Steine flogen, Warnschüsse wurden abgegeben. Ein Aktivist berichtet später, auf Seiten der Polizei den Befehl „Feuer frei“ gehört zu haben. Wenig später ging Philipp Müller zu Boden. Auch der Sozialdemokrat Bernhard Schwarze und der Gewerkschafter Albert Bretthauser wurden getroffen, überlebten ihre Verletzungen jedoch. Für Müller, der durch den Rücken direkt in Lunge und Herz getroffen wurde, kam jede Hilfe zu spät. Er wurde 21 Jahre alt.
Was Müller und alle Protestierenden vor über 60 Jahren verhindern wollten, wurde in den folgenden Jahren mit aller Macht durchgesetzt und hat sich bis heute immer stärker entwickelt. Die Bundeswehr dringt immer weiter in den Alltag der Menschen ein: In der Bravo und im Fernsehen schaltet sie Werbung, in JobCentern und an Schulen wirbt sie Soldatinnen und Soldaten. Bis 2019 soll der Etat der Bundeswehr auf 35 Milliarden Euro ansteigen – das ist bereits jetzt der der zweitgrößten Haushaltsposten! Doch der Wunsch und die Forderungen der Friedensbewegung von 1952 sind, mit Blick auf die Ukraine und die deutsche Nahost- und Afrikapolitik, aktueller denn je.