Als sich die NATO neu erfand

19 Jahre nach dem Krieg der NATO gegen die Bundesrepublik Jugoslawien kommt der Balkan noch immer nicht zur Ruhe. Erst am vergangenen Donnerstag zündete die nationalistische Partei Vetevendosje erneut Tränengas im kosovarischen Parlament. Auslöser war das Grenzabkommen mit Montenegro.

Die NATO und seine westlichen Vorgängerorganisationen spielten auf dem Balkan selten eine positive Rolle. Der letzte „Spielball“ der NATO war Montenegro, das mit einer friss oder stirb Mentalität ins Militärbündnis gedrängt wurde, obwohl die Mehrheit der Bevölkerung gegen einen solchen Beitritt war.

Der Kosovokrieg

Es war der erste Angriffskrieg der Bundesrepublik Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg: Ohne UN-Mandat und außerhalb des Verteidigungsfalls der NATO griff die selbsternannte Weltpolizei einen souveränen Staat an. Es war die Zeit, als die NATO sich selber neu erfand, um so genannte humanitäre Katastrophen zu verhindern, und das unabhängig davon, ob die Angriffe ein Mandat der Vereinten Nationen haben oder nicht.

Der 24. März 1999 war Tag eins einer monatelangen Bombardierung Jugoslawiens durch NATO Mitgliedstaaten. Für die Bundesrepublik Deutschland stellte sie einen großen Einschnitt in ihrer Außenpolitik dar: Das erste Mal seit 1945 führte das Land einen Angriffskrieg, ohne ein Mandat der vereinten Nationen. Die Bundesrepublik hat dieser Einsatz mehr als 20 Milliarden Euro gekostet.

Der verstorbene Schriftsteller Peter Urban hielt im Jahr 2000 eine, für die bürgerlichen Medien, schockierende Rede. In dieser machte er auf die Verhängnisvolle Geschichte Deutschlands gegenüber Serbien aufmerksam: „Auch die Nazis haben Jugoslawien aufgeteilt an gebietshungrige Vasallen – um in Serbien besonders grausam zu wüten, das Massaker von Kragujevac steht für viele. Die Hamburger Wehrmachtsausstellung, mit dem gleichen Haß aufgenommen, wie Peter Handkes Einrede, hat mir z.B. erklärt, warum: mit General Franz Böhme als Oberbefehlshaber in Serbien hat die Hitleradministration nicht zufällig einen Österreicher eingesetzt; der hatte, wie Zitate belegen könnten, für die Schüsse von Sarajevo 1914 mit den Serben noch eine Rechnung offen. – Unserer Geschichte entrinnen wir nicht, sie folgt uns auf Schritt und Tritt, wo auch immer, und so »normal« wir uns auch geben oder fühlen mögen.

Heutige Situation im Kosovo

Egal wie man zum völkerrechtlichen Status des Kosovo steht, hat das Land heute, wie sein Nachbar Serbien, viele Probleme. Die Arbeitslosigkeit beträgt über 30 Prozent. Der größte Arbeitergeber ist die UNO. Die organisierte Kriminalität ist in allen staatlichen Strukturen eingesickert. Ehemalige Mafia Führer sitzen heute auf der Regierungsbank. Der Rassismus gegenüber Minderheiten ist stark ausgeprägt, besonders gegen Roma. Die Situation mit der serbischen Minderheit in Norden des Kosovo bleibt ungelöst, ebenso wie sein Verhältnis zu Serbien.

Linke Antwort auf NATO und Rassismus

Viele Linke Gruppierungen des Balkans greifen die Idee der Balkanföderation der Sozialdemokratischen Partei Serbiens und Kroatiens des 19. Jahrhunderts wieder auf: Die Idee dahinter besagt, dass aufgrund der ethnisch-durchmischten Situation der Region, keine geographische Abmessung ein Land oder eine Nation bestimmen kann. Daher wäre es notwendig, dem bürgerlichen Ideal von Staat entgegenzutreten, umso eine regional-föderale Struktur zu schaffen in der alle Menschen des Balkans gemeinsam leben können.

Selbstbestimmung vs. Völkerrecht

Sollte man die Unabhängigkeit des Kosovo anerkennen? Meiner Meinung nach ja. Denn das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist ein hohes Gut. Doch sollte man, wenn man diesem Pfad folgt, nicht mit zweierleimaß messen. Das hat zumindest die westliche „Wertegemeinschaft“ getan, als sie den serbischen Gebieten wiederrum verweigerte sich von Staaten wie Kroatien für unabhängig zu erklären. Die an der gelebten Realität der Menschen orientierte Lösung wäre daher die Teilung des Landes. Der kleine Streifen im Norden, der heute noch von Serbinnen und Serben bewohnt wird, sollte sich dem ehemaligen Staat Serbien anschließen können. Im Anschluss müssten sich beide Länder jedoch gegenseitig anerkennen. Das wäre ein pragmatischer Ansatz, der jedoch weit entfernt von einer möglichen Umsetzung ist.

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