In Portugal regiert, seit den Wahlen vor wenigen Monaten, die Sozialdemokratie toleriert vom Linksblock und der Kommunistischen Partei. Diese hatten in den Wahlen Stimmen hinzugewinnen können und haben ein Ende der Austeritätspolitik als Grundlage der Tolerierung gefordert, wir haben mit Fabian Figueiredo, Mitglied im Parteivorstand des Blocco de Esquerda, über die Wahlen, die Krise und die neue Regierung gesprochen.
Die Freiheitsliebe: Vor wenigen Wochen wurde in Portugal gewählt, die Linke hat massiv hinzugewonnen, was waren die Gründe für den Erfolg?
Fabian Figueiredo: Zwischen 2011 und 2015 hatte Portugal eine der konservativsten Regierungen seiner demokratischen Geschichte. Mit einer klaren ideologischen Plan, der darauf ausgerichtet war, Einkommen zu kürzen, öffentliche Dienstleistungen zu privatisieren, Verantwortung des Staates in Bereichen wie Gesundheit und Bildung zurück zufahren, wurden viele Austeritätsmassnahmen durchgeführt. Das Land wurde über die vier Jahre stark verarmt. Die Auswanderungsraten stiegen drastisch an – eine ganze qualifizierte Generation war auch davon stark betroffen -, die Arbeitslosigkeit erreichte ein historisches Niveau (16.2% im 2013). Phänomen wie sinkende Bewerber an Universitäten, wurden zum ersten Mal festgestellt. All dies hatte einen sehr grossen Einfluss in den Wahlen im 2015. Die Linke hat zusammen mit dem Volk eine kontinuierliche Arbeit im laufe der Zeit geleistet. Zurückblickend auf diese vier Jahre, zwischen 2011 und 2015, kann man feststellen dass die Linke stets auf Korruption und legislative Inkohärenzen hingewiesen hat, dass die Linke das Banken- und Finanzsystem enthüllte. Wir haben die finanziellen Interessen der staatlichen Entscheidungsträger bekannt gemacht, sowie die Missachtung der portugiesischen Verfassung. Diese Arbeit der Klärung und Denunziation, mit denen wir diese Austeritätspolitik konfrontiert haben, brachten und das Vertrauen des Volkes. Das Regierungsprogramm der Sozialdemokratischen Partei (Konsverative in Portugal) versagte auf alle Ebenen; kein Versprechen wurde erfüllt. Die Wähler zeigten ihre Unzufriedenheit mit der Stimmagabe.
Die Freiheitsliebe: Die Konservativen haben fast 13 Prozent verloren, trotzdem wurden sie Anfangs zur Regierungspartei ernannt, warum? War diese Entscheidung nicht gegen den Wählerwillen?
Fabian Figueiredo: Portugal hat einen extrem konservativen Präsidenten. In einem Versuch, während der Kampagne Angst zu verbreiten, verkündete der Präsident, dass er eine Regierung, nur mit absoluter Mehrheit nominieren würde. Als die Wahlergebnissen zeigten dass die Konservativen nicht die absoluter Mehrheit gewonnen hatten, befand sich Cavaco Silva in einer Sackgasse, wegen seiner Haltung während der Kampagne. Er versuchte dann Vereinbarungen zwischen der Sozialistischen Partei und der bisher regierenden Koalition zu erzwingen, ohne Erfolg. Jedoch hat Cavaco Silva entschieden, Passos Coelho zu nominieren, um eine Regierung zu bilden, ohne die Wahlergebnissen und seine Haltung in der Kampagne zu berücksichtigen.
Als die Wahlergebnisse bekannt wurden, haben Bloco de Esquerda und die portugiesische Kommunistische Partei bekannt gegeben, dass sie nicht bereit waren, die konservative Regierung im Parlament zu unterstützen, um den Wunsch der Wähler zu respektieren.
Die Freiheitsliebe: Nun gibt es eine Mitte-Links Regierung, wie kam es dazu?
Fabian Figueiredo: Wie ich bereits sagte, am Wahlabend, haben Bloco de Esquerda und die portugiesische Kommunistische Partei bekannt gegeben, dass sie nicht bereit waren, Passos Coelho zu unterstützen, es wäre eine Missachtung der Wähler. So wurde der Startschuss für die Verhandlungen mit der Sozialistischen Partei gegeben.
Verhandlungen wurden mit der Sozialistischen Partei gestartet, um über Mindestbedingungen für eine Regierung von António Costa (aktuelle Premierminister), die vom Bloco de Esquerda und die Portugiesische Kommunistische Partei unterstützt werden könnte, zu sprechen. Diese Verhandlungen endeten positiv und so wurde im Parlament die konservative Regierung gestürzt. Der Präsident forderte dann António Costa auf eine Regierung zu bilden
Die Freiheitsliebe: Seid ihr als Bloco Teil der Regierung oder toleriert ihr sie nur?
Fabian Figueiredo: Unser Regierungsprogramm unterscheidet sich von dem Programm, der von der Sozialistischen Partei vorgestellt wurde. Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, der Regierung nicht beizutreten. Wir haben politische Meinungsverschiedenheiten, die uns beeinträchtigen wurden, sollten wir die Regierung eintreten. Zum Beispiel ist Bloco de Esquerda der Meinung, dass die Banken die mit öffentlichem Kapital gerettet wurden, nicht privatisiert werden sollten, im Gegensatz der Sozialistischen Partei, der bereit ist dieser Banken für einen niedrigen Preis zu verkaufen. Dies beeinträchtigt nicht das Abkommen (das sehr spezifische Angelegenheiten betrifft), verhindert aber, dass wir an der Regierung teilnehmen.
Die Freiheitsliebe: Was sind die Ziele dieser Regierung?
Fabian Figueiredo: Wir können nicht für die Regierung sprechen. Aus unsere Seite, wollen wir die Arbeit, die wir bisher in der Verteidigung der Rechte der Bevölkerung gemacht haben, fortsetzen. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war genau diese Vereinbarung, die Rechte an die Bürger zurückgegeben. Unser Ziel ist es, die Auswirkungen der Austeritätspolitik umzukehren – in der Wirtschaft und im Leben der Menschen. Wir werden auch weiterhin unsere Arbeit innerhalb und außerhalb des Parlaments weiterleisten.
Die Freiheitsliebe: Die Sozialdemokraten wollen die Austeritätspolitik nicht abschaffen, sondern nur abmildern, wie kam es, dass ihr euch trotzdem geeinigt habt?
Nach der Analyse der vergangenen vier Jahre, ist es klar, dass das Land eine Veränderung bräuchte. Die Sozialistische Partei war bereit, mit der Bloco de Esquerda und PCP/Grüne-Koalition, die Bedingungen, die die Machbarkeit, unsererseits, einer Regierung von António Costa ermöglichen würden, zu verhandeln. Es ist in der Tat nicht unser Regierungsprogramm, diese Vereibarung erlaubt aber die Eroberung und Rückgabe vieler Rechte, die in den vergangenen vier Jahren uns entzogen wurden.
Wichtige Erfolge, sind zum Beispiel die Vereinbarung den Mindestlohn auf 530€ im 2016, und in den folgenden Jahren zu auf 600€ im Jahr 2019 zu erhöhen, die Anpassung der Renten und das sicherstellen, dass diesen Betrag nicht gesenkt wird, Erhöhung der progresiven Steuer auf große Einkommen, das Verbot von Zwangsräumungen und die Senkung der Mehrwertsteuer auf 13%. Diese sind alle Leistungen, die einen großen Unterschied im alltäglichem Leben der Menschen machen und die ihnen wieder etwas Vertrauen geben, ein Vertrauen dass sie seit langem nicht mehr kannten. Diese Vereinbarung ist vorteilhaft für das Volk, und so haben wir uns entschlossen, diese Regierung zu ermöglichen.
Die Freiheitsliebe: Wo seht ihr Verbesserungen durch die neue Regierung, wo wäre mehr möglich gewesen?
Fabian Figuerido: Veränderungen haben schon stattgefunden: die 35 Stunden Woche für Beamte wurde wieder eingeführt, homosexuellen Paare wurde das Adoptionsrecht genehmigt, der Pyrop wurde kriminalisiert. Diese Veränderungen wären unter Passos Coelho nicht möglich gewesen. Die Menschen fühlen eine gewisse Erleichterung und eine leise Hoffnung lebt wieder auf. Allerdings gibt es noch ein langer Weg zu gehen. Es wird Mut benötigt um die Verantwortlichen für die Misswirtschaft zur Verantwortung zu ziehen, und den Zyklus der Rettung und Privatisierung der Banken zu brechen. Es ist wichtig die Angst vor der Konfrontation mit den europäischen Institutionen zu verlieren, und die Souveränität wieder zu erlangen. Auch wenn ein paar Siege schon erreicht wurden, gibt es noch viele Rechte zu erobern.
Die Freiheitsliebe: Danke dir für das Gespräch