Foto by: Jakob Reimann, JusticeNow!, licensed under CC BY-ND 4.0.

Wie der Kapitalismus eine Gesellschaft formt

Es gilt als das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Das ökonomisch und militärisch in der Welt den Ton angibt. Jeder soll es angeblich dort zu Reichtum schaffen können, wenn er sich nur genug anstrengt. Die Geschichte vom Tellerwäscher, der es zum Millionär brachte ist nur zu gut bekannt und fest in der Vorstellungswelt der US-Amerikanischen Gesellschaft verankert. Ebenso der Mythos in der Welt „für Ordnung“ zu sorgen oder sorgen zu müssen. Als Weltpolizei sozusagen.

Mit einem Bruttoinlandsprodukt in Höhe von fast 20 Billionen sind die USA die weltweite größte Volkswirtschaft. Gleichzeitig gaben sie im Jahre 2018 ganze 649 Milliarden Dollar für Rüstung aus. Das sind fast 40 % der weltweiten Militärausgaben.

Die ökonomische Spaltung nimmt zu

Das Land in dem der Kapitalismus geradezu Staatsdoktrin ist die soziale Spaltung unübersehbar und sie wird immer größer. Die multiethnischen USA sind in Klassen geteilt. So ist der Armenanteil unter den Schwarzen und Hispanics mit etwa 30 % überproportional hoch. Der in den letzten Jahren viel gelobte Aufschwung kommt nur bei den Wenigsten an. So stiegen die Einkommen der reichsten 1 % der Bevölkerung nach Steuerabzug um 115 %. Wohingegen die Einkommen für 60 % der Arbeitnehmer um 20 % gefallen sind. Die Zahl der US-Amerikaner, die in Armut leben liegt mittlerweile bei über 40 Millionen Menschen. Die Zahl der in extremer Armut lebenden steigt ständig an und liegt mittlerweile bei fast 30 Millionen Menschen. 2017 mussten in den USA 47 Millionen Menschen in 23 Millionen Haushalten und damit 20 % der US-Haushalte staatliche Lebensmittelmarken beziehen. 90 % der US-Amerikaner beziehen ein Einkommen von 30.000 Dollar, das entspricht dem Niveau von 1965. Hinzu kommen 1,5 Millionen Haushalte die praktisch ohne jedes Geld leben müssen. Sie haben Einkünfte von unter 2 Dollar pro Person und Tag, beziehen zusätzlich teilweise Lebensmittelgutscheine oder Sachmittelzuweisungen. Ein signifikanter Anteil ist aber völlig von der Geldwirtschaft abgeschnitten.

Es lässt sich festhalten. dass sich die Kluft zwischen den Ärmsten und der Spitze der Gesellschaft in den letzten Jahren dramatisch vergrößert hat. 2017 gab es in den Vereinigten Staaten 585 Milliardäre (27 % aller Milliardäre der Welt), womit die Vereinigten Staaten das Land mit den meisten Milliardären der Welt sind. Sieben der zehn reichsten Personen weltweit waren 2018 Amerikaner.

Das Gefangenensystem als Ausdruck der Verhältnisse

Die soziale Not von Millionen Menschen einhergehend mit der unstillbaren Profitgier und einer vielfachen Diskriminierung von Minderheiten, ergibt eine menschenrechtspolitische Katastrophe, die sich auch im Gefangenensystem der USA widerspiegelt. So sind die Vereinigten Staaten weltweit sowohl absolut als auch relativ, das Land das die größte Gefängnispopulation hat. Derzeit befinden sich über 2,4 % der Bevölkerung also fast 2,4 Millionen Menschen im Gefängnis. Fast 5,5 Millionen Menschen waren zur Bewährung oder zur Haftaussetzung auf freiem Fuß. Damit stehen die Vereinigten Staaten im Verhältnis von Gefängnisinsassen zur Einwohnerzahl mit Abstand weltweit an der Spitze.

Zwei Drittel der Strafgefangenen stammen dabei aus Haushalten, die weniger als die Hälfte der als Armutsschwelle definierten Einkommen zur Verfügung hatten.

Private Gefängnisse (120 mit insgesamt fast 150.000 Insassen) sind ein einträgliches Geschäft zum Schaden der Gesundheit und der Rechte der Häftlinge. Die Behandlung der Gefangenen ist in den städtischen Gefängnissen genauso brutal wie in den so genannten Arbeitsfarmen, die nichts anderes sind als Zwangsarbeitslager. In den Bundesstaaten Texas, Arkansas und Louisiana sind Häftlinge zur Gratisarbeit auf den Feldern gezwungen. 133.610 Personen unter 18 Jahren sind in Haftanstalten und Jugendhaftanstalten untergebracht. Die Strafmündigkeit setzt in den Vereinigten Staaten weitaus früh ein. In vielen Bundesstaaten können bereits 7-Jährige beim Verstoß gegen ein Strafgesetz zur Verantwortung gezogen werden, in den meisten anderen ist das ab dem 11. Lebensjahr der Fall. In 33 Bundesstaaten ist es möglich, psychischkranke Kinder und Jugendliche auch dann in Haft unterzubringen, wenn diese nicht gegen das Strafrecht verstoßen haben.

Afroamerikaner haben einen Anteil von ungefähr 13 Prozent an der Gesamtbevölkerung, stellen aber 38 Prozent der Gefängnisinsassen. Im März 2015 waren 16 Prozent der Häftlinge in US-amerikanischen Gefängnissen mexikanische Staatsbürger. Im Gegensatz zu fast allen anderen Staaten der westlichen Welt wird in zahlreichen Bundesstaaten der Vereinigten Staaten weiterhin die Todesstrafe vollstreckt. Selbst an Menschen mit geistigen Behinderungen und solchen, die zum angeklagten Tatzeitpunkt minderjährig waren wird die Todesstrafe vollstreckt. In den Todeszellen befinden sich mehr als 3.200 Männer und Frauen, fast 42 % sind Afroamerikaner.

Nicht zu vergessen das Gefangenenlager auf Guantanamo Bay. Bis heute werden dort Menschen über Jahre inhaftiert und gefoltert. Hier werden Menschenrechte mit Füßen getreten und der Welt letztlich vor Augen geführt, so wie in vielen anderen Fällen auch, dass das internationale Recht für die USA nur dann gilt wenn es von Vorteil ist. Vorausgesetzt sie verpflichten sich überhaupt dieses zu achten.

An der US-mexikanischen Grenze kommt es zu massiven Menschenrechtsverstößen

Die Lage der Migranten an der US-Grenze nach Mexiko hat sich in den vergangenen Monaten dramatisch zugespitzt. Einreiseverbote, Kinder in Haftzentren, überfüllte Lager, fehlende Asylverfahren. Viele bezahlen die Flucht mit dem Leben.

Das milliardenschwere Grenzhilfspaket, welches nun von Trump unterzeichnet wurde, ist an Zynismus kaum zu übertreffen. 4,6 Milliarden US-Dollar sollen für die „Bekämpfung der humanitären Krise“ an der Grenze zu Mexiko bereitgestellt werden. An der grundsätzlichen Situation wird das nichts ändern.

Die elendige Situation von Armut und Flucht kann hier beispielhaft besonders drastisch beobachtet werden.

Sonderrecht des Stärkeren

Es ist eine Tatsache, dass die Vereinigten Staaten einer großen Anzahl von gültigen internationalen Menschenrechtsabkommen nicht beigetreten sind. Darunter befinden sich der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte einschließlich der Zusatzprotokolle zu diesem Pakt, die Konvention gegen Apartheid, die Konvention über die Nichtanwendbarkeit gesetzlicher Beschränkungen bei der Ahndung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder die Konvention zur Aufhebung aller Formen der Frauendiskriminierung.

Bei der Ratifizierung der internationalen Konvention über bürgerliche und politische Rechte machten die USA eine Reihe Vorbehalte geltend, so gegenüber Artikel 6 Abs. 5, der die Anwendung der Todesstrafe für Verbrechen verbietet, die von Kindern oder Jugendlichen unter 18 Jahren begangen wurden. Die USA das einzige Land, dass die Konvention über die Rechte der Kinder bis heute nicht ratifiziert haben.

Zuletzt verließen sie im Jahre 2018 den UN-Menschenrechtsrat.

Der Widerstand wächst

Unter der bisherigen Präsidentschaft von Donald Trump hat sich die soziale Lage von Millionen Menschen in den USA weiter verschärft und der Profit einiger Weniger steigt stetig an. Bei letzterem unterscheidet er sich kaum von seinen Vorgängern in diesem Amt. Wohingegen er sich unterscheidet, ist in der Offenheit darüber für wessen Interessen er gewillt ist Politik zu machen. Er ist der Vertreter der Kapitalseite. Auch sein offen getragener Rassismus und seine Frauenverachtung provozieren Widerstand.

Der demokratische Präsidentschaftskandidat Sanders Foto: berniesanders.com

Dieser Widerstand hat auch Räume größer gemacht und Kräfte freigesetzt die zumindest beanspruchen eine tatsächlich grundlegend andere Politik machen zu wollen. Dafür sprechen auch die Wahlerfolge von Abgeordneten des linken Spektrums, die sich nicht davor scheuen für sozialistische Ideen zu werben oder sich als Sozialisten bezeichnen.

Jenseits des Parlaments haben sich zivilgesellschaftliche Gruppen organisiert. Sei es die Schülerbewegung für eine Verschärfung des Waffenrechts oder die antirassistische Initiative Black Lives Matter um nur zwei zu nennen. Sie sind nicht mehr gewillt tatenlos zuzusehen wie ihre Lebensgrundlagen dem Profit untergeordnet werden und feststellen, dass dadurch ihr eigenes Leben gefährdet ist. Sei es durch rassistische Übergriffe oder durch schwer bewaffnete Amokläufer.

Von diesen Initiativen und Bewegungen und ob sie es schaffen ihre Interessen zu bündeln und diese in politischen Erfolg umzusetzen, wird vieles in den nächsten Jahren abhängen.

Ein weiter so, eine weiter Spaltung und Zuspitzung wären geradezu verheerend für den ohnehin brüchigen sozialen Frieden in den USA aber auch weltweit.


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