Die südafrikanische politische Landschaft ist gekennzeichnet durch ein mehr oder minder festes System aus drei Partei. Alle Wahlen gewann die sogenannte Tripartite Alliance unter Führung des ANC (African National Congress) mit dem Gewerkschaftsbund COSATU (Congress of South African Trade Unions) und der kommunistischen Partei SACP (South African Communist Party). Auf dem zweiten Platz lag seit 1999 steht die neoliberale DA (Democratic Alliance), die vor allem von der weißen Bevölkerung gewählt wurde, und sich gegen zu starke soziale Maßnahmen, sowie Enteignungen und eine radikalere Umverteilung aussprach. Bis 2014 lag auf dem dritten Platz stehts die Inkatha Freedom Party (IFP), eine konservative Partei, die vor allem von den Zulus gewählt wurde.
2014 änderte sich dies mit der Entstehung der linken Economic Freedom Fighters (EFF) aus dem Stand 6,35% erreichte und damit die IFP vom dritten Platz verdrängte . Die EFF wurde von dem ehemaligen Vorsitzenden des ANC-Jugendverbands, Julius Malema, gegründet, der den ANC vor allem für eine zu liberale Wirtschafts- und Sozialpolitik, wie auch für einen mangelnden Einsatz für die arme schwarze Bevölkerung kritisierte. Sie positionierten sich im politischen Spektrum klar links von der regierenden Tripartite Alliance und forderten das nach dem Ende der Apartheid auch die wirtschaftlichen Überbleibsel der Apartheid, wie die Verteilung des Landes und des Wohlstands angegangen wird.
Sozialistische Arbeiterpartei statt Parlamentsfixierung und losem Antikapitalismus
Die EFF, die seit 2014 die Stimme der Abgehängten ist und insbesondere das Interesse der Erwerbslosen und Entrechteten vertritt, hat bei ihren Wahlkämpfen stets auf eine vermeintlich radikale Rhetorik gesetzt. Doch insbesondere vom linken Gewerkschaftsverband SAFTU, der sich unter Führung der Metallarbeitergewerkschaft NUMSA von COSATU abgespalten hatte, gibt es Kritik an der EFF. Die Kritik von NUMSA und SAFTU an der EFF hat mehrere Gründe, zum einen wird dem EFF vorgeworfen, dass die Partei komplett durchhierarchisiert ist. Eine Aussage, welche ihren Kern in den Strukturen des EFF hat, welche mehr oder minder stark auf Julius Malema zugeschnitten sind. Die Kritik am autoritären Charakter des EFF steht nach Ansicht von NUMSA und SAFTU dabei im Widerspruch zu ihrer Position, dass die Arbeiterklasse selbst die Führung übernehmen sollte.
Deutlich gewichtiger als dieser Punkt dürfte jedoch die Kritik an der Orientierung des EFFs sein. Während dieser sich vor allem auf eine Oppositionsrolle im Parlament fokussiert fordern die linken Gewerkschaften eine Orientierung auf Klassenkämpfe und soziale Bewegung. So hat es der EFF in seiner Geschichte bisher nicht geschafft eine führende Rolle in Protesten oder Streiks zu spielen, sondern diese vor allem parlamentarisch unterstützt. Diese Kritik geht einher mit der Frage auf welche Klasse sich eine linke Partei stützen sollte, ihrer Rolle als Gewerkschaft folgend, sieht Numsa dabei den Fokus in der organisierten Arbeiterklasse, der EFF dagegen stützt sich vor allem auf die Erwerbslosen. Für Numsa bedeutet diese Orientierung dabei, dass sich eine Partei automatisch in Gefahr begibt, da die Erwerbslosen nicht direkt die Klassenwidersprüche zu spüren bekämen, im Gegensatz zu den organisierten Teilen der Arbeiterklasse. Auch eine fehlende Zielrichtung wird dem EFF vorgeworfen, da dieser zwar deutlich macht, dass er eine antiimperialistische und antikapitalistische Kraft ist, welche Gesellschaftsformation dagegen anstrebt wird, wird nicht erläutert. Auch wird die Verstaatlichung der Großindustrien gefordert, nicht jedoch deren Übernahme durch die Kontrolle der Arbeiter über diese.
Die Notwendigkeit einer Arbeiterpartei
Dieser Kritik am EFF folgend hat SAFTU gemeinsam mit den Beteiligten des Working Class Summit, einer riesigen Konferenz mit Aktiven aus Gewerkschaften, Basisorganisationen, sozialen Bewegungen und Gruppen aus den Townships, beschlossen eine Arbeiterpartei zu gründen. Diese Partei soll dabei nicht nur entscheidend geprägt sein durch die organisierten Teile der Arbeiterbewegung, sondern auch unter Einschluss aller Kräfte stehen, die sich für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung, Diskriminierung und Umweltzerstörung einsetzen. Sie soll bewusst als sozialistische Arbeiterpartei konzipiert sein, also als eine Kraft, die sich offensiv gegen den Kapitalismus und die mit ihm einhergehende Ausbeutung stellt. Auf dem Working Class Summit wurde jedoch festgehalten, dass diese Partei in Ruhe gebildet werden und keiner Eile bedarf, sondern einer sorgfältigen Vorbereitung.
Trotz dieses Fazit wurde unter der Führung der größten südafrikanischen Gewerkschaft und des SAFTU Gründungsmitglieds NUMSA wenige Wochen vor der Wahl die Socialist Revolutionary Workers Party (SRWP) gegründet. Von vielen in SAFTU wie auch von Mitgliedern der United Front wurde die Gründung der SRWP begrüßt und als wichtiger Schritt gesehen auf dem Weg zu einem sozialistischen Südafrika. Dass die Wahlen, die heute stattfinden, dabei wohl keine großen Erfolge bringen dürften, schien nicht relevant, da das Parlament nur als Bühne genutzt werden solle, wie Irvin Jim, Generalsekretär von NUMSA und Vorsitzender der SRWP, mit Bezug auf Rosa Luxemburg erklärte.
In ihrer Gründungskonferenz wurde auch deutlich, dass die Partei selbst ihre Aufgabe in der Organisierung der Arbeitenden und in dem Verbinden von Kämpfen und Protesten sieht. Diese Aufgabe sollte dabei verbunden werden mit dem Kampf für eine sozialistische und demokratische Gesellschaft. Anders als andere sich selbst Arbeiterpartei bezeichnende Kräfte wird auch Bezug genommen auf feministische Ideen sowie klar Position gegen Sexismus, Xenophobie, Homo- und Transphobie. Doch trotz vieler wohlwollender Stimmen aus dem Umfeld von SAFTU und der radikalen Linken, gibt es auch deutliche Kritik an der Partei, sowie dem Gründungsprozess.
Gründung ohne Absprache
Von einigen Mitgliedern von SAFTU wie auch anderen Teilen der südafrikanischen Linken wird vor allem der Parteigründungsprozess kritisiert. So sei dieser von NUMSA aufgesetzt worden ohne dabei andere Kräfte wirklich einzubeziehen, auch sei entgegen der Pläne des Working Class Summits dies nicht mit Basisiniativen und Bewegungen koordiniert worden. Mit dieser Kritik geht auch eine Kritik an einer mangelnden Demokratie in der SRWP einher, der vorgeworfen wird, dass sie nicht nur ohne Absprache entstanden sei, sondern dort auch nur die Führung von NUMSA etwas zu sagen hätte.
Die wohl schärfste Kritik an der Partei veröffentlichte John Appolis, der Generalsekretär von Giwusa(General Indistrial Workers Union of South Africa). Dieser kritisiert nicht nur, die mangelnde Einbeziehung von anderen in das Projekt, sondern auch ein fehlendes Konzept zur Übernahme der Macht, wie auch das Fehlen eines Programms mit konkreten Forderungen und den Mangel einer sozialistischen Vision. Während diese Punkte jedoch nachvollziehbar sind, so ist sein Argument, dass die Arbeiterklasse noch zu weit entfernt sei von der Macht und es deswegen keine Arbeiterpartei brauche, nicht nachvollziehbar, da eine Partei, die nicht nur den gewerkschaftlich organisierten Teil erreicht, sondern auch aktiv in Bündnissen und Bewegungen ist, ein wichtiger Mittel ist um den Kapitalismus zu überwinden. Eine Parteigründung erst wenn es eine nahe Perspektive auf ein Ende des Kapitalismus gibt, lässt die Frage offen, wie denn der Weg bis dort erreicht werden soll.
Die Gründung der SRWP hat somit zumindest teilweise den Wunsch nach einer Arbeiterpartei befriedigt, lässt jedoch gleichzeitig die Frage offen, inwiefern dieser Prozess nicht überstürzt ist. Wenn das Projekt nun aber längerfristigen Erfolg haben soll, dann ist entscheidend, dass nicht nur alle Organisationen von SAFTU einbezogen werden, sondern die Partei wirklich demokratisch wird und nicht in den Händen der Spitze von NUMSA verbleibt.