Organspende – Selbstbestimmung garantieren

Letzten Donnerstag haben wir im Bundestag über die Neuregelung der Organspende abgestimmt. Für mich war es die 100. Namentliche Abstimmung und sie fiel auf ein extrem sensibles Thema, um das schon seit Monaten eine emotionale Debatte geführt wurde.  

Die Entscheidung über die Neureglung der Organspende war für mich als Abgeordnete nicht leicht zu treffen. Eine so weitreichende Gewissensentscheidung, über das was nach dem Tod mit uns und unseren Körpern passiert, darüber habe ich mir viele Expertinnen und Experten-Meinungen angehört. Aus Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern weiß ich, dass die Vorstellungen und Wünsche über den Verbleib der eignen Organe extrem auseinander gehen. Nach reichlicher Überlegung habe ich mich für die Zustimmungslösung und gegen die Widerspruchlösung, den Gesetzesentwurf von Gesundheitsminister Spahn entschieden.

Der Mensch als Individuum steht im Mittelpunkt meiner Politik und meines Handels und für mich ist bei der Neuregelung der Organspende am wichtigsten, dass unsere Selbstbestimmung für jeden Einzelnen garantiert sein muss. Das ist die Lösung, die ich mit einem guten Gewissen vertreten kann. Und für die ich als Politikerin Verantwortung übernehmen kann.

Vor allem für die Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen temporär oder langfristig keine Kapazitäten haben um sich aktiv und selbstbestimmt über ihre Position zu dem Thema klar zu werden.

Kein Widerspruch zu leisten, bedeutet noch lange keine Zustimmung!

Der Gesetzesentwurf des Gesundheitsministers zur Einführung der doppelten Widerspruchslösung, der formal jede Person in Deutschland zum potentiellen Organspender oder Spenderin macht, birgt für mich die Gefahr, dass Menschen, die sich nicht mit dem Thema auseinandersetzen wollen oder können, fremdbestimmt und bewertet fühlen.

Ich habe mich daher für die Zustimmungspflicht bei dem Thema entschieden. Wir wissen aus Umfragen, dass viele Bürgerinnen und Bürger bereit sind ihre Organe zu spenden, allerdings keinen Ausweis besitzen. Die Idee, diese Bereitschaft über Besuche bei den Behörden abzuleisten lehne ich allerdings ab.

Keine Verknüpfung von Entscheidung über Organspende und Besuchen bei der Ausländerbehörde

Für zahlreiche Menschen in Deutschland, die Angst vor Behördengängen haben, die ihre Post nicht mehr öffnen, die vielleicht keinen festen Wohnsitz haben oder gar die deutsche Sprache nicht ausreichend beherrschen, muss eine Neuregelung über das Thema Organspende optimale Aufklärung bieten und Selbstbestimmung garantieren.

Im Fall von Schutzsuchenden, die in Deutschland Asyl beantragt haben und Behördengänge mit existentiellen Fragen des Aufenthalts, einer Familienzusammenführung oder gar einer drohenden Abschiebung verknüpfen, ist es nicht ratsam die Abfrage über die Bereitschaft einer Organspende über den Weg eines Behördengangs zu verknüpfen.

Nicht nur Menschen mit Fluchterfahrungen, viele Menschen in Deutschland erleben Behördengänge als angstbesetzte und erniedrigende Erfahrungen.

Die Bereitschaft über Organspende zu entscheiden, könnte durch die vorbelasteten Behördenerfahrungen negative Auswirkungen haben. Entweder im Sinne einer hohen Ablehnungsquote, weil Menschen sich vor Eingriffen in ihre Privatsphäre von Behördenseite aus schützen wollen. Oder im Sinne einer unbedachten Zustimmung im Sinne des vorrauseilenden Gehorsams, weil ein Behördengang und eine damit verknüpfte Frage etwa bei der Ausländerbehörde gar als verpflichtende Voraussetzung für einen Aufenthalt in Deutschland empfunden werden könnte.


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Eine Antwort

  1. Das Traurige an der Debatte ist, sie wird einmal mehr ohne die Betroffenen geführt, die hätten dazu einiges zu sagen, wenn mit ihrem Leben einmal mehr eine moralische und vermeintlich freiheitliche Diskussion geführt wird
    Das Recht freie Entscheidung wird immer wieder ganz oben aufgeführt als die ultimative Erklärung warum man dagegen sei, im Bundestag werden zahlreiche Gesetze erlassen auch im Gesundheitsbereich wo die Freiheit des einzelnen auf einmal keine Rolle mehr spielt,
    Zu Widersprechen ist keine Einschränkung meiner freien Entscheidung, sie verlangt lediglich, dass ich mich in Bewegung setze und mir über etwas Gedanken mache und dann eine Entscheidung mitteile, ja das macht etwas mehr Arbeit als einfach gar nicht zu reagieren und zu glauben es ginge einen nichts an, was man nach der Abstimmung ja jetzt weiterhin tun kann.
    Auch die obligatorischen Sprachbarrieren etc dürfen dabei nicht fehlen. Wir haben heute ganz viele Möglichkeiten auch Menschen mit Sprachbarrieren Wohnsitzlose etc. mitzunehmen, es wäre toll gewesen, wenn die Bedenkenträger*innen hier Vorschläge gemacht hätten, um dies zu vermeiden.

    Nun haben wir keine Verbesserung, für die Betroffenen geht der Wettlauf mit dem Tod weiter, diesmal mit dem Wissen das die Politik im Namen der Freiheit nichts ändern möchte

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