In Aachen ist die atomare Bedrohung greifbar

Als der kanadische Senator Joseph A. Day im Juli dieses Jahres einen Bericht für die Parlamentarische Versammlung der NATO veröffentlichte, trat er damit ungewollt eine Lawine los. Denn der Text beinhaltete auch sechs Standorte in Europa, an denen die USA Atomwaffen lagern.

Es war bereits zuvor ein offenes Geheimnis, dass auch in Kleine-Brogel in Belgien, Volkel in den Niederlanden und in Büchel in der Eifel Atombomben gelagert werden und der Autor gab an, diese Informationen aus offen zugänglichen Quellen zusammengetragen zu haben. Es verschaffte dem Bewusstsein um die Gefahr dieser Waffen aber unfreiwillig große Aufmerksamkeit. Umso mehr dadurch, dass die heikle Stelle des Berichts schließlich wieder gelöscht wurde.

Atomwaffen in Europa

Die Veröffentlichung führt uns einmal mehr vor Augen, dass wir im Grunde genommen auf einer Zeitbombe leben. Das trifft insbesondere für meinen Wahlkreis Aachen zu, in dessen direkter Umgebung sich die drei genannten Standorte befinden, die im Falle eines Atomkrieges zentrale Angriffsziele wären. Keine 100 Kilometer trennt die Stadt von 30 bis 60 Atombomben, schätzen die Ärzteorganisation IPPNW und das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS). Jede einzelne von ihnen hat eine größere Sprengkraft als die Bombe, die die USA 1945 auf Hiroshima abwarfen. Hinzu kommen in Europa die US-Atomwaffen auf zwei Stützpunkten in Italien (ca. 50 in Aviano und 44 in Ghedi-Torre), einem in der Türkei (Incirlik mit rund 90) und die Atomwaffenarsenale Frankreichs (etwa 300) und Großbritanniens (mindestens 200). Eines ist damit sicher: Im Falle eines Atomkrieges wäre mindestens Europa unbewohnbar. Ob Leben auf dem Planeten überhaupt noch möglich wäre, hinge vom Ausmaß des Krieges ab.

Neuer Rüstungswettlauf

Die Schreckensszenarien eines Atomkrieges sind seit dem „Kalten Krieg“ bekannt und werden immer wieder durch neue wissenschaftliche Berechnungen bestätigt oder sogar übertroffen. Nichtsdestotrotz hat ein neuer Rüstungswettlauf begonnen. Sowohl konventionell als auch atomar wird aufgerüstet. Allen voran schreiten die NATO-Länder, die ohnehin schon den Löwenanteil der weltweiten Rüstungsausgaben verantworten. Durch das unverbindliche Ziel, diese auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern, werden weitere Milliardensummen in die Rüstungsindustrie gepumpt. Die in Europa gelagerten US-Atomwaffen sollen ab 2024 durch eine neue Generation von Atombomben ersetzt werden. Diese „Modernisierung“ ist nichts anderes als ein Euphemismus für atomare Aufrüstung.

Aufrüstung und Klima

Rüstung und Militär sind nicht nur brandgefährlich, sie begünstigen auch auf verschiedene Weise den Klimawandel. Die globale militärische Infrastruktur und der Einsatz von Kampfflugzeugen und Kriegsschiffen sind extrem klimaschädlich. Einer von der Brown University in den USA veröffentlichten Studie zufolge sind die CO2-Emmissionen allein des US-Militärs größer als die ganzer Staaten wie Portugal, Schweden oder Dänemark. In Kriegen werden enorme Mengen klimaschädlicher Gase freigesetzt und die Umwelt auf verschiedenste Weise geschädigt. Und nicht zuletzt werden viele Kriege um knappe Ressourcen geführt, die für die profitorientierte Wirtschaft von zentraler Bedeutung sind. Wird die Wirtschaftsstruktur nicht im Sinne des Klimaschutzes umstrukturiert, dann drohen immer neue Kriege.

Konfrontation erschwert Lösungen

Darüber hinaus stellt die zunehmende Konfrontation auf internationaler Ebene aber auch ein Problem für die Suche nach Lösungen zur Begrenzung des Klimawandels dar. Denn es bedarf internationaler Abkommen, um Klimaziele zu erreichen. Müssen diese aber zwischen verfeindeten Staaten ausgehandelt werden, erschwert dies den Prozess ungemein. Friedenspolitik und Kooperation sind somit auch bedeutende Elemente zur Lösung der Klimakrise.

Atomwaffen verbieten

Das derzeit wichtigste Instrument auf dem Weg zu einer atomwaffenfreien Welt ist der Atomwaffenverbotsvertrag der UNO. Er wurde 2017 von 122 Ländern angenommen, bislang aber nur von ca. 70 Ländern unterzeichnet. Die notwendige Zahl von 50 Ratifizierungen ist noch nicht erreicht, könnte aber 2020 Realität werden. Dann tritt der Vertrag in Kraft, aber nur für die Unterzeichnerstaaten. Die NATO-Mitglieder gehören jedoch nicht dazu. Deshalb ist es von großer Bedeutung, dass endlich auch Länder wie Deutschland, Belgien und die Niederlande den Vertrag unterzeichnen. Umfragen in Deutschland bestätigen überwältigende Mehrheiten für den Abzug der US-Atomwaffen. Aber dies allein reicht nicht, um die Bundesregierung zum Handeln zu bringen. Hierfür ist politischer Druck notwendig.

Zeit für eine neue Bewegung

Aus den genannten Gründen ist es an der Zeit das Thema der atomaren Bedrohung wieder mehr in den Fokus zu Rücken. Denn die Welt ist voller Brandherde und die Gefahr, dass sich einer von ihnen zu einem Atomkrieg ausweitet, ist real. Durch die zunehmende Konfrontation auch der Großmächte wird dieses Szenario noch realer. In der Region um Aachen arbeiten wir deshalb daran, eine grenzübergreifende Bewegung gegen die vor Ort sehr konkrete atomare Bedrohung ins Leben zu rufen. Denn nicht nur der Klimawandel gefährdet das Leben auf der Erde, auch Atomwaffen tun es.


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