Heißer Herbst – Politische- und Aktionsorientierung der Partei die Linke

Die Partei hat medial einen heißen Herbst gegen die Belastungen breiter Bevölkerungsgruppen durch rasante Verteuerung der Energie- und Lebenshaltungskosten angekündigt. Material wird vorbereitet. Die Basisgruppen sollen damit im öffentlichen Raum präsent sein, vielfältige Aktionen lostreten, Bündnisse schmieden und dazu beitragen, dass Druck auf die Bundesregierung ausgeübt wird.

Das ist eine richtige Entscheidung. Schon jetzt leiden Millionen von Menschen, besonders mit niedrigem und mittlerem Einkommen unter der Inflationsrate von ca. 8 Prozent. Wer den größten Teil seines Einkommens für wohnen und essen ausgeben muss ist besonders betroffen. Die Zahl derjenigen wächst täglich, die verarmen und nicht wissen, wie sie in den nächsten Monaten über die Runden kommen sollen. Energieversorger haben schon Preiserhöhungen von 30 und mehr Prozent angekündigt. Mit Mehrkosten zwischen 400 und 1000 Euro für eine Familie mit durchschnittlichen Wohnraum wird gerechnet. Es kann aber auch deutlich mehr werden.

Dazu kommt die von Minister Robert Habeck angekündigte Gaspreisumlage, welche die Energiekosten weiter verteuern wird. Eine Maßnahme, die in jeder Hinsicht unsozial ist. Teile der Energieanbieter müssen mit Milliardensummen des Staates gerettet werden, wie z.B. Uniper, weil sie die gestiegenen Einkaufspreise nicht weitergeben können. Gleichzeitig machen fast alle großen Energiekonzerne gewaltige Übergewinne, auch Rüstungskonzerne, die prächtig am Krieg und Waffenlieferungen verdienen. Statt nunmehr, wie es andere Länder bereits tun, eine Übergewinnsteuer zu verabschieden und die gewaltigen Profite abzuschöpfen, soll die Mehrheit der Bevölkerung geschröpft werden. Diese Regierung hat einfach keinen Mut sich mit den Reichen und Vermögenden anzulegen. SPD und Grüne kuschen vor der FDP, vielleicht sogar freiwillig.

Der Vorschlag von Finanzminister Lindner für steuerliche Entlastungen ist in hohem Maße teuer und ungerecht. Er ist für die unteren und mittleren Einkommen viel zu wenig. Wer hingegen mehr verdient erhält auch die größte Entlastung. Das Gegenteil von dem was richtig wäre. Gleichzeitig blockiert Lindner eine Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket, welches nachweislich entlastend und inflationsdämpfend wirkt, stark von ärmeren und einkommensschwächeren Teilen der Bevölkerung genutzt wird und gleichzeitig einen Beitrag für die dringend notwendige Mobilitätswende leistet. Obwohl die Gewerkschaften inzwischen höhere Lohnforderungen stellen und z.B. bei der Lufthansa auch durchsetzen konnten, wird es schwer, überhaupt Abschlüsse in Höhe der Inflationsrate durchzusetzen. Bereits 2021 gab es nach vielen Jahren erstmals spürbare Reallohnverluste für die Lohnabhängigen. Bei den fast 50 Prozent tariflich nichtgebundenen Beschäftigten wird er noch deutlich höher ausfallen.

Es gibt als allen Grund auf die Straße zu gehen und gegen die Politik der Regierung und das Verhalten der Konzerne zu protestieren. Gerade die Linke kann und soll wichtiger Motor dieser Proteste sein und sie im politischen Raum verstärken. Das ist umso wichtiger, als die rechten und nationalistischen Kräfte die sich verschärfende gesellschaftliche Lage für ihre Zwecke benutzen werden.

Rechte wollen Proteste für ihre nationalistischen und völkischen Zwecke nutzen – Linke kämpfen für soziale Gerechtigkeit

Die Erzählung der AfD ist relativ leicht voraus zu sagen. Die Bundesregierung betreibe eine irrwitzige Sanktions- und Embargopolitik, die zu Lasten der deutschen Bevölkerung gehe. Damit verstößt die Regierung gegen den Verfassungsauftrag dem Wohl des deutschen Volkes zu dienen. Die Wirtschaft würde so kaputt gemacht und Arbeitsplätze vernichtet. Das wird mit klaren Breitseiten gegen die „ideologisch verbendete“ Energie- und Mobilitätswende versehen. Atomkraft soll nicht nur gestreckt sondern als zukunftsfähiger Energieträger eine große Rolle spielen, Benziner- und Dieselautos sollen weiter produziert werden. Soziale Forderungen, höhere Löhne oder Reiche und Vermögende stärker zu belasten wird weitgehend keine Rolle spielen.

Beiträge in verschiedenen Medien häufen sich, die vor einer Radikalisierung der Proteste nach links oder rechts warnen, von einer Querfront reden oder Linke und Rechte ins gleiche Boot setzen wollen.

Das ist natürlich Unsinn, trägt aber dazu bei die Proteste selbst zu diskreditieren. Nicht nur deshalb müssen die linken Forderungen und vor allem die linke Deutung und Erzählung die Unterschiede deutlich machen.

  1. Wir haben klare soziale Forderungen, die am stärksten den einkommensschwachen Menschen und den Lohnabhängigen mit unterem um mittlerem Einkommen nützen. Also 125 Euro Entlastung für jeden Haushalt und für jedes Kind weitere 50 Euro im Monat statt unsozialer Steuerentlastungen. Höhere Entlastung für Menschen in der Grundsicherung. Rentner und Studenten müssen ebenfalls entlastet werden.
  2. Die Maßnahmen müssen auch eine ökologische Steuerungswirkung haben und dem Klimaschutz nützen. Also günstige Fahrpreise, 1 Euro-Ticket am Tag und für Schüler, Studenten und Erwerbslose einen ticketfreien ÖPNV, statt Tankstellenrabatt oder Dienstwagenprivileg.
  3. Die Kosten müssen von den Profiteuren, Konzernen und Superreichen aufgebracht werden und nicht von den abhängig Beschäftigten. Also Übergewinnsteuer und danach Vermögenssteuer, statt Gaspreisumlage oder bedingungslosen Milliardenhilfen für Konzerne.
  4. Klare Eingriffe in die Marktmacht der großen Energiekonzerne durch staatliche Deckelung der Energiepreise. Energiepreise müssen grundsätzlich reguliert werden und niemand darf seine Wohnung verlieren, wenn die Energiekosten nicht mehr bezahlt werden können. Die Vorschläge unserer Partei und des DGB, den Grundbedarf an Energie für alle bezahlbar sicherzustellen und wer darüber hinaus mehr Energie verbraucht muss auch mehr bezahlen geht in die richtige Richtung. Reiche und einkommensstarke Teile der Bevölkerung hinterlassen einen deutlich höheren ökologischen Fußabdruck als Menschen mit niedrigen oder mittleren Einkommen.
  5. Die Löhne müssen steigen. Deshalb unterstützen wir die Gewerkschaften in den aktuellen und kommenden Tarifauseinandersetzungen. Wir wissen, dass Lohnabschlüsse kein Wunschkonzert sind und hart erkämpft werden müssen. Reallohnsenkungen führen jedoch zur Entwertung der Löhne und zur weiteren Umverteilung zu Gunsten des Kapitals.

Es geht bei den Protesten darum zu verhindern, dass erneut die Krisenkosten auf die Mehrheit der Beschäftigten, Erwerbslosen, Schüler, Studenten und Rentner*innen abgewälzt werden. Es geht darum eine andere Politik durchzusetzen. Sie muss sozial und klimapolitisch in die richtige Richtung gehen. Das sind letztlich knallharte Klassenauseinandersetzungen.

Mehrfach- und Dauerkrisen werden zur vorherrschenden Tendenz

Was wir derzeit erleben ist die vielfach von verschiedenen Linken analysierte Mehrfachkrise des Kapitalismus im Weltmaßstab. Es verschränken sich die sich anbahnende Wirtschaftskrise, die sich verschärfende soziale Krise, die Hegemonialkrise verbunden mit Kriegsgefahren und Kriegen und die menschheitsbedrohende Klimakrise. Alle diese Krisen haben erhebliche Auswirkungen auf die sozialen und ökologischen Lebensbedingungen. Die Ampelregierung, die angetreten ist für eine umfassende Transformation, sprich Modernisierung des Kapitalismus mit stärkerem grünen Anstrich und gewaltigen Investitionen in die dafür nötige Infrastruktur befindet sie sich in einem Dauerkrisenbewältigungsmodus, ohne diese wirklich lösen zu können. Die Hoffnung das alles ohne große Änderung der Wirtschafts- und Lebensweise, ohne Umverteilung von Oben nach Unten, mit Hilfe eines wettbewerbsfähigeren weiter wachsenden Kapitalismus- zu bewältigen scheint sich gerade in Luft aufzulösen. Die Risse in der Koalition werden größer, Grüne diskutieren über die Streckung der Laufzeiten von Kernkraftwerken, verstärkte Verstromung von Kohle und Import von Fracking Gas, die SPD lässt zu, dass eine nur ihrem Klientel verpflichtete FDP unsoziale Politik durchsetzt und alle zusammen tragen das gewaltigste Aufrüstungsprogramm der letzten Jahrzehnte.

Die Linke darf keinen Zweifel daran lassen, dass eine grundsätzliche Änderung der Wirtschafts- und Lebensweise, einen sozialökologischen Systemwechsel zwingend notwendig ist, wenn wir nicht im dauerhaft und gefährlich sich verschärfenden Krisenmodus leben wollen. Also in der eigenen Erzählung deutlich machen, welches Zukunftsprojekt einer grundlegenden Transformation wir vertreten und zur Diskussion stellen. Vorschläge, wie Nordstream 2 in Betrieb zu nehmen, oder Energiesparen abzulehnen gehen in die falsche Richtung. Dabei geht es nicht um zum Teil kindische Apelle zum Energie sparen, wie es Habeck macht. Es geht vielmehr darum, durch eine andere Ökonomie und Lebensorganisation weniger Energie und Ressourcen zu verbrauchen und gleichzeitig den schnellen Umbau zu einer emissionsfreien Wirtschaft voranzutreiben. Soziale Gerechtigkeit und Klimagerechtigkeit sind dabei zwei Seiten der gleichen Medaille. Auch das unterscheidet uns grundsätzlich von den Rechten.

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