Ein Rückfall in das Mittelalter

Mittlerweile mutet uns der real existierende Kapitalismus und seine Rechtsordnung schon manches zu, aber in Sachsen wurde ich doch auf eine besondere Kuriosität aufmerksam gemacht.

Dort verwenden einzelne Gerichte zur Überprüfung des Wahrheitsgehaltes von Zeugenaussagen den Polygraphen ( Lügendetektoren ). Zwar hat der Bundesgerichtshof in Strafsachen und in Zivilsachen bereits 1998 und 2003 festgestellt dass der Lügendetektor keinerlei Beweiswert in Verfahren hat, jedoch ist er deshalb noch nicht verboten. Die Ergebnisse dürfen nicht in der Begründung eines Urteils verwendet werden, jedoch ist dennoch gewiss, die Gerichte könnten in der Versuchung sein in Fällen der Unsicherheit ihre Gewissheit auf die Ergebnisse zu stützen und das gewonnene Ergebnis anders begründen. Dabei zeigt der sogenannte Lügendetektor nur körperliche Reaktionen auf Befragungen und auf keinen Fall mehr! Wer schwitzt und Herzklopfen aufweist kann auch nur Angst vor einem Fehlurteil haben. Der Lügendetektor zeigt eben nicht den Wahrheitsgehalt einer getätigten Aussage. Das hatte bereits der Bundesgerichtshof 1998 ausgeführt; „ nach einhelliger wissenschaftlicher Auffassung ist es nicht möglich, eindeutige Zusammenhänge zwischen emotionalen Zuständen eines Menschen und hierfür spezifischen Reaktionsmustern im vegetativen Nervensystem zu erkennen.“  An dem Wahrheitsgehalt dieser Feststellungen hat sich bis heute nichts geändert. Für die Auffassung spricht auch Art.1 Abs.1 GG denn die Menschenwürde verbietet Menschen zum Objekt der Verbrechensbekämpfung zu machen. Jeder darf grundsätzlich selbst entscheiden, ob er den Sachverhalt aufklären will oder nicht. Bisher sind daher auch in Sachsen solche Tests auch nur auf Antrag des Angeklagten im Strafprozess angeordnet worden. Bedenklich bleibt die Sache dennoch. Auch der freiwillige Einsatz eines untauglichen Beweismittels schadet potentiell der Wahrheitsfindung. Daneben besteht die Gefahr, dass durch Etablierung solcher Tests ein subtiler informeller Druck auf Beschuldigte und Angeklagte entsteht, nach dem Motto: „warum macht er denn nicht einfach diesen Test?“.

Als Linke sollten wir grundsätzlich dem Einsatz von Lügendetektoren widersprechen und das politisch auch skandalisieren. Denn gerade in Sachsen besteht die Gefahr, dach sich die Law and Order – Justiz ein neues Experimentierfeld schafft. Letztlich gäbe es dann eine weitere Ausprägung politscher Klassenjustiz, die nicht oder ungenügend verteidigte Angeklagte eben genau diesen Experimenten unterwirft.

Wir haben dieses Thema mit den Genossinnen aus Sachsen, die in der Rechtspolitik tätig sind eingehend besprochen und sind entschlossen, hier Aufklärung zu betreiben. Wenn nötig, muss den Gerichten die Möglichkeit solcher Tests eben durch Verbot in der Strafprozessordnung entzogen werden.


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