In Südkorea finden Woche für Woche Massenproteste gegen die Präsidentin statt, nachdem die Bewegung anfänglich zurückhaltend war, radikalisiert sie sich nun und fordert Verfahren gegen alle an der Korruption beteiligten. Als Mittel zur Durchsetzung wird über Streiks und eine Ausweitung der Proteste diskutiert.
Am Samstag, den 19. November kam es in den größten Städten von Südkorea zu Demonstrationen. Die Demonstranten forderten den Rücktritt der Präsidentin Park Geun-hye. Es war die vierte Runde der massenhaften Wochenendproteste seit Ende Oktober. Allein in der Hauptstadt Seoul protestierten diesmal 600.000 Menschen, auch diesen Samstag gingen mehr las eine Million landesweit auf die Straße.
Kurz vor der landesweiten Demonstration betonte die, durch ihr Amt Immunität genießende Park, dass sie weder zurücktreten, noch die Untersuchung eines Staatsanwalts akzeptieren würde. Sie verlangte sogar die Untersuchung eines weiteren Skandals und deutete an, einige Oppositionsführer seien daran beteiligt.
Eine weitere Großveranstaltung, organisiert von dem gemäßigten Gewerkschaftsbund FKTU, mobilisierte 30.000 Gewerkschafter für den Protest in Seoul.
Dies ist eine bedeutende Entwicklung. Der FKTU hatte seit 2007 den Präsidentschaftskandidaten der derzeitigen Regierungspartei unterstützt.
Die Arbeiter bei den Protesten zeigten klare Unterstützung für die sozialdemokratische Gerechtigkeitspartei im Unterschied zu anderen Oppositionsparteien.
High-School-Senior-Studenten protestierten ebenfalls. Sie hatten gerade ihre College-Eingangstests bestanden und waren wütend auf die Universität. Es ging dabei um einen Betrug, den die Parteigänger von Park‘ begangen hatten.
Ein Student sagte: „Wir leiden unter wettbewerbsorientierter Bildung, die von der Regierung auferlegt wird, während deren Kinder einen Freibrief für die beste Bildung genießen.“
Viele Menschen protestierten auch wegen einer Katastrophe mit einer Fähre, bei der vor zwei Jahren 300 Jugendliche getötet wurden, und verurteilte die versuchte Verschleierung durch die Regierung.
Es wird kämpferischer
Später marschierten die Demonstranten in acht verschiedenen Wegen. Alle von ihnen wurden entweder vom der militanten Gewerkschaft KCTU oder linken politischen Organisationen geführt.
Hier zeigt sich ein großer Unterschied zur Massenbewegung im Jahr 2008, als organisierte Arbeiter und die Linke nicht mit ihren Organisationen, sondern nur als Einzelpersonen teilnahmen..
Klar wird dabei, dass die gegenwärtige Bewegung durch den organisierten Arbeiterkampf in den letzten Jahren gefördert wurde
Staatsanwälte bezeichneten Park am vergangenen Sonntag als “ kriminelle Verdächtige“ Ein weiterer politischer Schlag für die Präsidentin. Noch beschuldigte man Park nicht offiziell der Bestechung. Eine Verurteilung wegen Bestechung erfolgte bislang nicht.
Das schützt augenblicklich auch großen Kapitalisten – darunter Samsung und Hyundai Motors, die die Präsidentin bestochen haben.
Die Oppositionspartner dagegen wollen, dass Park ihres Amtes enthoben wird – ein Verfahren, das bis zu acht Monate dauern kann. Doch könnte dieses Verfahren erfolglos sein, wenn die Mobilisierung der Arbeiterklasse nicht stark genug ist.
Die Oppositionsparteien, einschließlich der Gerechtigkeitspartei, verlangen, die Justizorgane sollten Park zur Verantwortung ziehen, nicht die Bewegung von unten. Bei allem spielt die Befürchtung eine Rolle, die Bewegung könne auf große Kapitalisten gerichtet sein. Die Gerechtigkeitspartei verlangte beschämenderweise, dass die Arbeiter am Montag in dieser Woche aufhören zu streiken.
Die Bewegung nähert sich schnell einem politischen Kreuzweg. Parlamentarische Verhandlungen können dabei nur zu einer Sackgasse führen. Mehr Straßenproteste und Arbeitsplatzstreiks sind nötig.
Vom Wirtschafts-Boom zum Niedergang
Diese Arbeiterrevolte wurde angeheizt durch den Ärger über eine Korruptionskrise, die tiefe Wurzeln hat. Die gegenwärtiger Präsidentin Park Geun-hye ist die Tochter von Park Chung-hee, dem Militärdiktator, der Südkorea von 1961 – 1979 regierte. Das staatskapitalistische Regime bot handverlesenen Kapitalisten große wirtschaftliche Möglichkeiten.
Park Geun-hye leitete die letzten fünf Jahre das Regime als „First Lady“, nachdem ihre Mutter während eines gescheiterten Attentats auf den Diktator getötet wurde. Die Wurzeln des aktuellen Skandals liegen also Jahre zurück.
Als Park im Jahre 2012 gewählt wurde, vermutet man bereits Wahlbetrug mit Unterstützung der staatlichen Sicherheitsbehörde. Dennoch erwarteten viele, dass sie den wirtschaftlichen Boom aus der Zeit ihres Vaters zurückbringen würde.
Die Situation verschlimmert sich
Doch die wirtschaftliche Situation verschlechterte sich und die unerfüllten Erwartungen führten zu Bitterkeit und Wut. Überdies vertieften Arbeiterkämpfe die politische Krise der Regierungspartei. Sie verlor ihre parlamentarische Mehrheit bei den Parlamentswahlen im April. Diese Wut steckt hinter der gegenwärtigen großen Bewegung, die die politische Krise für Parks Präsidentschaft vertieft.
Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, war die Enthüllung, dass Park lange auf eine geheime „Beraterin“ baute, Choi Soon-sil. Sie gehörte zu einem Korruptionsnetz mit großen Kapitalisten.
Kämpfe zwischen verschiedenen Teilen der herrschenden Klasse führten auch zu einer Reihe detaillierter Enthüllungen, die den öffentlichen Zorn vergrößerten. Und Südkoreas Herrscher stehen unter dem Druck der zunehmenden wirtschaftlichen Unsicherheit.
Der Artikel erschien auf Workers Solidarity und wurde von Wilfried Bienek ins Deutsche übersetzt.
Eine Antwort
warum wird nicht über so etwas in den Qualitätsmedien in Deutschland berichtet? Weil die Alternativlosigkeit des Neoliberalismus doch nicht so alternativlos wäre? Oder will man verhindern, dass es Massenproteste auch in Deutschland geben könnte? Zeit wäre es ja schon längst, nach dem Deutschland zum dritten Welt Land in Europa was die Löhne und Renten betrifft, mutierte. Sobald, aber in Deutschland nur ein Hauch von Protest in dieser Richtung sich bahn bricht, stehen die sog. 4 Gewalt welches ja der Neutralität verpflichtet wäre, bereit um alles zu diskreditieren. Ich sehe am Ende Mistgabeln, nur hoffe ich nicht wie schon einmal in Deutschland Zustände wie 1933 erleben zu müssen. Aber vielleicht wollen es auch die Verantwortlichen in Politik und Medien, um dann endlich eine Rechtfertigung für Militär Einsätze im Inner zu bekommen. So wie jetzt schon der sog. Terrorismus, für die der Westen und seine menschenverachtende Politik verantwortlich ist, für alles herhalten muss.