Der 12.000 Jahre alte Mischwald soll gerodet werden und das für Braunkohle, den dreckigsten Energielieferanten von allen! Ein Beitrag von Sarah Riemel.
Viel zu spät habe ich davon erfahren, doch zu unser aller Glück gibt es Aktivistinnen und Aktivisten, die schon viel früher zuhörten und handelten. Einige von ihnen leben bereits seit sechs Jahren im Hambacher Forst. Polizei und der Energiekonzern RWE räumen seit Wochen und stürmen die liebevoll gebauten Baumhäuser – offiziell weil der Brandschutz nicht eingehalten wurde. Obwohl der entscheidende Gerichtsbeschluss für die Rodung des Waldes fehlt, werden bereits Bäume gefällt und Wege mit schweren Maschinen platt gewalzt. Mich bewegen die Geschehnisse vor allem, weil Deutschland vorgibt ein fortschrittliches und grünes Land zu sein, während Entwicklungsländer dafür kritisiert werden, wenn sie den Regenwald für Palmöl abholzen. Kapitalismus steht über Natur, unserer Gesundheit und der Lebensqualität unserer Kinder.
„Wie kann ich handeln?“ habe ich mich gefragt und in den sozialen Medien nach einer Demo gesucht. Vor dem RWE-Turm in Essen habe ich mehrfach an friedlichen Demonstrationen teilgenommen. Mal wurden mehr, mal weniger Leute mobilisiert. Doch alle waren sich einig: Stromanbieter wechseln, aktiv werden!
In den Medien sah man täglich Aufnahmen zu Polizeigewalt, es war aber auch die Rede von Kotwerfenden Aktiven. Gerüchten zufolge setzte die Polizei sogar Störsender im Hambacher Forst ein. Im Gegenzug berichtete die Polizei von Massen an Müll, den Aktive hinterließen. Es war wie so oft ein hin und her im Medienwirrwarr, und man weiß sowieso nie was man glauben kann. Eins war klar: ich wollte selbst Zeitzeugin werden!
Im Hambacher Forst Camp angekommen, kam ich nicht aus dem Staunen heraus: Lager voller Sachspenden, provisorisch gebaute Trockentoiletten, ein Stromzelt mit dutzenden Solarpanelen und sogar ein Schmied war vor Ort. Am Lagerfeuer wurde Musik gespielt und am Infozelt wurden Termine für Demos, Besprechungen und Workshops bekannt gegeben.
Zusammenhalt wurde groß geschrieben, denn alle waren der gleichen Meinung: der Hambi bleibt! Im Wald packten die Menschen zusammen an und hievten riesige Baumstämme, um die Lager der Aktiven zu schützen. Die riesigen Ameisenhaufen im Hambacher Forst waren nicht der einzige Hinweis dafür, dass jede*r einzelne etwas bewegt und jede*r einzelne eine Hilfe ist.
Egal ob Geld- oder Sachspende, eine Mitfahrgelegenheit, Bäume tragen, Parolen rufen, Lieder anstimmen, im Camp spülen, Müll sammeln oder einfach nur da sein für die Menschen, denen die Geschehnisse zusetzen. Jeder ist wertvoll im Hambacher Forst! Es war eine unfassbar friedliche, funktionierende Gemeinschaft und so lange der Hambacher Forst steht, ist der Kampf um ihn nicht verloren. Geht hin und erlebt wie schnell man sich naturverbunden fühlt. Es gibt noch so viel zu entdecken. Gemeinsam machen wir den Unterschied aus und können etwas bewegen.