Trumps Mauer nach Mexiko ist unter den Gesichtspunkten von Einwanderungspolitik oder Kriminalitätsbekämpfung höchst unsinnig und ist vielmehr „getrieben von ethnischen und rassistischen Vorurteilen.“ Trumps Beharren auf der Forderung, Mexiko solle für die Mauer bezahlen, könnte eine handfeste diplomatische Krise auslösen – meint Ryan Devereaux von The Intercept.
Translated by Jakob from JusticeNow! with permission from The Intercept.
Weniger als eine Woche nach Beginn seiner Präsidentschaft unternahm Donald Trump die ersten Schritte, um seine Vision einer gewaltigen Grenzmauer zwischen den USA und Mexiko zu verwirklichen. Am Mittwochnachmittag unterzeichnete er einen Präsidialerlass, der den „sofortigen“ Bau einer ausgedehnten Grenzmauer fordert, um so beide Nationen voneinander abzuschneiden.
Obwohl dieser Move wahrscheinlich gehörigen Eindruck auf seine Anhängerschaft nördlich der Grenze macht, gibt es einen Ort, an dem Trumps Bemühungen nicht allzu gut ankommen: Mexiko. Und das trotz der dubiosen Behauptung des Präsidenten vom Mittwochnachmittag, dass „sich unsere Beziehung mit Mexiko verbessern wird.“
Am Donnerstagmorgen – weniger als 24 Stunden nach der Unterzeichnung seines Erlasses – erlitt Trumps zweifelhafter Optimismus einen öffentlichen Rückschlag, als der mexikanische Präsident Enrique Peña Nieto ankündigte, dass er nicht an einem Meeting in Washington, D.C. teilnehmen wird, welches für nächsten Dienstag geplant war.
Peña Nietos Entscheidung kam ohnehin zu einer Zeit der Eskalation und Spannungen zwischen seiner Regierung und der soeben vereidigten Trump-Administration – und nach der Unterschrift vom Mittwoch haben diese Spannungen wohl einen kritischen Punkt erreicht.
Während seiner gesamten Kampagne bestand Trump darauf, dass die mexikanische Regierung gezwungen werden könnte, für die Mauer zu zahlen, die wahrscheinlich Milliarden von Dollar kosten wird. In den letzten Wochen hat er von dieser Forderung Abstand genommen und behauptet nun, dass Mexiko den USA die Kosten für das Projekt zurückerstatten würde.
„Jegliche Transaktion wird uns zu einem späteren Zeitpunkt von Mexiko erstattet werden,“ sagte Trump in einem Interview mit ABC News am Mittwoch. „Ich sage Ihnen nur, dass es eine Zahlung geben wird. Sie wird in einer Form sein, vielleicht in einer komplizierten Form.“
Peña Nieto hat Trumps Behauptung wiederholt zurückgewiesen. In einem Statement vom Mittwochabend feuerte der mexikanische Präsident zurück zu seinem Pendant im Weißen Haus: „Ich habe es wieder und wieder gesagt: Mexiko hat nicht vor, irgendeine Mauer zu bezahlen.“
Als Reaktion auf den mexikanischen Präsidenten verkündete Trump am Mittwochabend über sein bevorzugtes Medium öffentlicher Kommunikation – Twitter –, dass es besser wäre, das Meeting abzusagen, wenn Mexiko sich weigert, die Mauer zu bezahlen. Peña Nieto kam Trump jedoch zuvor, und schrieb am nächsten Morgen selber in einem Tweet, dass die mexikanische Regierung das Weiße Haus in Kenntnis gesetzt habe, dass er nicht am Meeting teilnehmen würde.
„Das bauscht sich gerade zu einer großen politischen Sache auf,“ sagte der nationale Sicherheitsexperte und ehemalige Geheimdienstanalyst in Mexiko City Alejandro Hope gegenüber The Intercept.
Als die Nachricht von Trumps Präsidialerlass bekannt wurde, „explodierten die sozialen Medien in Mexiko“, sagte Hope. Zahlreiche bekannte mexikanische Persönlichkeiten forderten Präsident Peña Nieto auf, das Treffen mit Trump zu boykottieren.
Hope argumentierte, selbst wenn eine Mauer fertiggestellt werden könnte, würde sie wenig dazu beitragen, die erklärten Ziele zu erreichen, einschließlich der Eindämmung des Zuflusses von Drogen Richtung Norden in die USA. „Lass‘ es mich so ausdrücken: das gesamte Heroin, das in einem Jahr in den USA konsumiert wird, passt in 2.000 Gepäckstücke,“ sagte er. „Die Vorstellung, das mit einer Mauer zu stoppen, ist schlicht und einfach unsinnig.“
Die Mauer sendet auch eine harte diplomatische Message aus, die weitreichende Auswirkungen haben könnte: Mexiko könnte sich enger an Staaten annähern, die die USA als feindlich einstuft, oder könnten sich mexikanische Geheimdienste dazu veranlasst sehen, sich von Operation im gemeinsamen Drogenkrieg zurückziehen. Ungeachtet ihrer Absichten argumentiert Hope, ist die Idee der Mauer durchdrungen von Aggression des höchsten Amtes der US-Regierung gegenüber dem mexikanischen Staat.
„Es ist ein feindlicher Akt“, meint Hope.
Als ein zentraler Punkt des Aufstiegs von Trump ins Weiße Haus, war die Mauer zunächst Teil einer Sammlung reaktionärer Antimigrationsmaßnahmen, die die neue Regierung lange Zeit versprochen hat und sich nun daranmacht, sie auch durchzubringen. Der Exekutivbefehl, der nun die Errichtung der Mauer anordnet, ermächtigt auch staatliche und örtliche Behörden „im ganzen Land und im gesetzlich zulässigen Umfang die Funktionen eines Einwanderungsbeamten im Inneren der Vereinigten Staaten wahrzunehmen“ und fordert den Bau von Haftanstalten entlang der Südgrenze.
„Wir befinden uns an unserer südlichen Grenze inmitten einer Krise“, erklärte Trump diese Woche im Hauptquartier des Heimatschutzministeriums.
Die Federation for American Immigration Reform, eine Organisation, die vom Southern Poverty Law Centre als „Hate Group“ eingestuft wird, feierte den Exekutivbefehl des Präsidenten als Schritt in die richtige Richtung und sagte in einer Erklärung, dass die Mauer „einen langen Weg gehen wird, um effektive Grenzkontrolle zur Realität werden zu lassen.“ (Die langjährige Geschäftsführerin der Organisation, Julie Kirchner, wurde diese Woche zur Stabschefin der US-Grenzschutzbehörde ernannt.)
Zahlreiche Bürgerrechts- und Menschenrechtsorganisationen prangerten Trumps Einwanderungsrichtlinien hingegen als Symbol für den schrecklichen Abstieg in ungekanntes Territorium einer diskriminierenden und rassistischen Politik an.
„Diese Mauer sagt uns, dass wir all jene Menschen von außerhalb der Vereinigten Staaten, insbesondere aus Lateinamerika, fürchten müssen und sie zu meiden haben – und das ist einfach nur falsch“, sagte Margaret Huang, Geschäftsführerin von Amnesty International USA in einer Erklärung. „Wir werden diesen gefährlichen Schritt mit allem bekämpfen, was wir zu bieten haben.“ Omar Jadwat, Direktor des Immigrants’ Rights Project der Amerikanischen Bürgerrechtsunion (ACLU), fügte hinzu: „Präsident Trumps Phantasie, die Grenze mit einer Mauer abzuriegeln, ist getrieben von ethnischen und rassistischen Vorurteilen und ist eine Schande für Amerikas stolze Tradition des Schutzes wehrloser Migranten.“
Grenzsicherheitsexperten haben lange Zeit darauf hingewiesen, dass eine Mauer allein die Probleme der Einwanderung und der Kriminalität, die Trump so unermüdlich beschreibt, nicht lösen würde. Dasselbe sagte gar Trumps eigener Direktor des Heimatschutzministeriums, der pensionierte Gen. John Kelly, in seiner Anhörung vor dem Senat.
„Milliarden Dollar an Steuergeldern in einer Grenzmauer zu verschwenden, die Mexiko niemals bezahlen wird, und solche Städte zu bestrafen, die nicht wollen, dass ihre örtlichen Polizeikräfte gezwungen werden, als Präsident Trumps Schlepperbande zu dienen, tut nichts dafür, unser Zuwanderungssystem in Ordnung zu bringen oder die Sicherheit der Amerikaner zu gewährleisten,“ sagte die kalifornische Repräsentantin Nancy Pelosi. Doch die Kritik beschränkte sich nicht auf die Demokraten. Auch Texas‘ Republikanischer Repräsentant Will Hurd, ein ehemaliger CIA-Geheimagent, dessen District ungefähr 800 Meilen Grenzgebiet umfasst, sagte, dass die Mauer wenig bringen würde. „Die Tatsachen haben sich nicht geändert“, sagte Hurd in einem Statement. „Der Bau einer Mauer ist der teuerste und am wenigsten effektive Weg, um eine Grenze zu sichern.“
„Die Auswirkungen sind mehr symbolischer Natur als alles andere“, sagte Adam Isacson, ein Seniorpartner für die Verteidigungsaufsicht des Washington Office on Latin America The Intercept.
Isacson erinnerte, dass die Anstrengungen der Bush-Administration, rund 700 Meilen Grenzzaun zu errichten, nach etwa der Hälfte des Vorhabens im Sand verliefen – insbesondere wurden keine Zäune in Gebieten mit solch abgelegenem Gelände errichtet, auf dem der Bau solcher Anlagen enorm schwierig ist.
„Er interessiert sich mehr für die Zurschaustellung, für das Spektakel, und für den Eindruck, den all das machen wird, jedoch nicht für das, was praktisch machbar ist“, sagte Isacson. „Und ja, in Kansas wird das gut funktionieren.“
Translated by Jakob from JusticeNow! with permission from The Intercept.
Die Freiheitsliebe and JusticeNow! say THANK YOU! to Charlotte Greensit and Ryan Devereaux for the permission to translate and republish this article. We send the best wishes to New York to the staff of The Intercept – connect critical journalism worldwide!