Trump kann sich entweder aus dem Nahen Osten zurückziehen oder einen Krieg mit dem Iran anfangen

Kandidat Trump versprach, den Nahen Osten zu verlassen. Präsident Trump tat wenig bis gar nichts zur Umsetzung und ist insbesondere beim Iran mit seiner Strategie des „maximum pressure“ auch weiterhin auf Konfrontationskurs. Wenig überraschend ist die logische Schlussfolgerung von Wirtschaftskriegsführung die militärische Kriegsführung. Anstatt die Kapitulation des Iran zu gewährleisten, hat der „maximale Druck“ die USA einem weiteren Krieg in der Region nähergebracht, die Trump versprochen hatte zu verlassen.

von Trita Parsi

„Jeder, der den Nahen Osten berührte, hat sich darin festgefahren.“ Der Kandidat Donald Trump hat im Oktober 2015 zu Recht auf diesen Umstand hingewiesen, als er seine Vision einer Außenpolitik darlegte, die Amerikas ewige Kriege beenden und aus seiner Zwickmühle im Nahen Osten befreien würde. Trump nutzte nicht nur die öffentliche Wut über Washingtons Gleichgültigkeit gegenüber den Schmerzen und Leiden des amerikanischen Volkes, sondern wies auch auf das unbestreitbare Interesse Amerikas hin, fehlgeleitete ausländische Abenteuer zu beenden und sich wieder auf die Bedürfnisse im Inland zu konzentrieren. Auch Präsident Trump spricht davon, die Region zu verlassen, tut effektiv jedoch herzlich wenig dafür. Nirgendwo hat seine Politik seinem Versprechen, sich aus dem Nahen Osten zurückzuziehen, mehr widersprochen als in seiner Strategie des „maximalen Drucks“ gegenüber dem Iran.

„Unsere tapferen Truppen kämpfen jetzt seit fast 19 Jahren im Nahen Osten“, beklagte sich Trump in seiner Ansprache zur Lage der Union im Februar 2019. „In Afghanistan und im Irak haben fast 7.000 amerikanische Helden ihr Leben geopfert. Mehr als 52.000 Amerikaner wurden schwer verwundet. Wir haben mehr als 7 Billionen Dollar im Nahen Osten ausgegeben… Als Präsidentschaftskandidat habe ich einen neuen Ansatz versprochen. Große Nationen führen keine endlosen Kriege.“

In dieser Hinsicht hat Trump vollkommen recht. Die Vereinigten Staaten haben Billionen von Dollar ausgegeben, um die militärische Dominanz im Nahen Osten aufrechtzuerhalten, während sie häufig die Kriege anderer Länder für diese führten. Dies geschah im Namen der Schaffung von Stabilität in der Region und der Sicherheit für Amerika. Keines dieser Ziele wurde je erreicht. US-Interventionen im Nahen Osten haben die Region destabilisiert und gleichzeitig US-Verbündete dazu angeregt, auf regionale Diplomatie zu verzichten und stattdessen in Washington Lobby-Dollars auszugeben, um die USA davon zu überzeugen, ihre Kriege für sie zu führen. In der Zwischenzeit haben die Billionen Dollar, die für Waffensysteme ausgegeben wurden, das amerikanische Volk nackt und anfällig für weitaus wahrscheinlichere, nichtmilitärische Bedrohungen wie COVID-19 gemacht.

Angesichts der schwindenden Bedeutung von Öl aus dem Nahen Osten für die USA und des Mangels an Ressourcen und Expertise der USA, um dysfunktionale Staaten in dieser Region zu „reparieren“, macht die Kosten-Nutzen-Analyse der Beibehaltung der militärischen Hegemonie im Nahen Osten keinen Sinn mehr. Wie Trump letztes Jahr richtig witzelte: „Lasst jemand anderen um diesen blutbefleckten Sand streiten.“

Als Präsidentschaftskandidat wies Trump oft auf die alternativen Kosten der amerikanischen Kriege Nahost hin. „Wir haben 4 Billionen US-Dollar ausgegeben, um verschiedene Personen zu stürzen, die, ehrlich gesagt, wenn sie weiter dort wären und wenn wir diese 4 Billionen US-Dollar in den USA hätten ausgeben könnten, um unsere Straßen, Brücken und all die anderen Probleme – unsere Flughäfen und all die anderen Probleme, die wir haben – zu reparieren, wären wir viel besser dran gewesen“, argumentierte Trump im Jahr 2015.

Die amerikanische Öffentlichkeit – und insbesondere Trumps Basis – teilt diese Ansichten weiterhin. Eine Umfrage der Tarrance Group zur Einstellung der Trump-Wählerschaft im letzten Monat ergab, dass 86 Prozent seiner Wähler einen Abzug aus Syrien unterstützen, während 58 Prozent wollen, dass die Truppen auch den Irak verlassen. Eine überwältigende Mehrheit von 66 Prozent bevorzugt die Diplomatie mit dem Iran, und nur 25 Prozent befürworten den Krieg mit dem Land.

Deshalb ist Trumps Politik gegenüber dem Iran auch so verwirrend. Es stimmt, Trump hat bisher keinen der endlosen Kriege beendet. Seine Vereinbarung mit den Taliban wird wahrscheinlich nur die US-Truppenstärke zurück auf das Niveau vor Trumps eigenem Anstieg in den Entsendungen absenken. Im Irak forderte die Regierung die USA auf, das Land zu verlassen, und anstatt dies als Gelegenheit zu betrachten, die Truppen nach Hause zu bringen, lehnte Trump den Antrag ab und drohte sogar, den Irak zu sanktionieren.

Die US-Truppenpsäenz im Nahen und Mittleren Osten zieht sich rund um den Iran herum. By Jakob Reimann, JusticeNow!, licensed under CC BY-ND 4.0.

In Bezug auf den Iran hat Trump es jedoch nicht nur versäumt, die Konfrontationspolitik zu beenden – er hat aktiv einen Weg eingeschlagen, der die USA an den Rand eines neuen Krieges im Nahen Osten gebracht hat. Die Politik des maximalen Drucks hat der iranischen Wirtschaft massiv zugesetzt – das BIP war bereits vor der COVID-Pandemie um mehr als 15 Prozent geschrumpft. Doch drei Jahre nach der erneuten Verhängung von Sanktionen hat Trump nicht nur jedes seiner Ziele verfehlt, sondern in den meisten Fällen hat Teheran genau jene Politik intensiviert, die Washington zu ändern versucht hatte.

Der maximale Druck hat den Iran nicht gezwungen, die Urananreicherung zu beenden. Stattdessen hat der Iran seine nuklearen Aktivitäten ausgeweitet. Es hat sein Programm für ballistische Raketen nicht beendet, sondern hat Teheran seine Tests für ballistische Raketen sowie seine Unterstützung für alliierte Gruppen im Irak, in Palästina, im Libanon und im Jemen fortgesetzt und intensiviert. Auch hat die Ermordung von General Qassem Soleimani, dem wohl wichtigsten militärischen Befehlshaber des Iran, „den Iran nicht davon abgehalten, weitere Angriffe gegen Streitkräfte und Interessen der Vereinigten Staaten durchzuführen oder zu unterstützen“. In den letzten Wochen haben wir vermehrt Angriffe gegen US-Truppen im Irak gesehen, darunter mehrere Todesfälle, was Trump dazu veranlasste, am 1. April 2020 über Twitter eine Kriegsdrohung auszusprechen.

Wenig überraschend ist die logische Schlussfolgerung von Wirtschaftskriegsführung die militärische Kriegsführung. Anstatt die Kapitulation des Iran zu gewährleisten, hat der maximale Druck die USA einem weiteren Krieg in einer Region nähergebracht, die Trump versprochen hatte zu verlassen.

Nichts davon soll leugnen, dass sich der Iran als Feind der Vereinigten Staaten positioniert, dass er US-Truppen ins Visier genommen hat oder dass er in eine Rivalität mit den Vereinigten Staaten um Einfluss im Nahen Osten verwickelt ist. Aber die Taliban sind es auch. Und um das höhere Ziel zu erreichen, die USA aus der Zwickmühle Naher Osten herauszuholen, hat Trump zu Recht das Kriegsbeil mit den Taliban begraben, um US-Soldatinnen und -Soldaten nach Hause zu holen.

Doch in Bezug auf den Iran hat Trump das genaue Gegenteil getan, obwohl es ein entscheidender Schritt auf dem Weg zum Rückzug aus dem Nahen Osten wäre, die rücksichtslose Rivalität mit Teheran zu über den Haufen zu werfen. Warum sich in einer Rivalität um die Kontrolle einer Region engagieren, die man doch eigentlich gar nicht kontrollieren möchte? Insbesondere dann, wenn die Anschuldigungen gegen den Iran, im Nahen Osten eine Hegemonie anzustreben, bestenfalls fragwürdig sind und von denselben US-„Verbündeten“ vorgebracht werden, die ihre eigenen Streitereien mit Teheran haben und die die USA auch weiterhin in der Region gefangen sehen wollen, damit sie gezwungen werden, gegen die Iraner zu kämpfen. Wie der frühere Verteidigungsminister Bob Gates einst sagte, wollen die Saudis bis zum letzten Amerikaner gegen die Iraner kämpfen.

Die Realität ist, dass alle Versprechen von Trump, Amerika von seinen Missgeschicken im Nahen Osten zu befreien, umsonst sein werden, wenn er seinen Wirtschaftskrieg gegen den Iran fortsetzt. Er kann entweder die Region verlassen oder Krieg gegen den Iran führen. Er kann nicht beides haben.

Dieser Artikel von Trita Parsi erschien zuerst auf RealClear Defense und wurde von Sara Aboni für Die Freiheitsliebe übersetzt.


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