Atombombe - Quelle: Pixabay

Atomwaffenverbotsvertrag endlich umsetzen!

Die Unterzeichnung des INF-Vertrags 1987 durch Ronald Reagan und Michail Gorbatschow war ein Meilenstein der atomaren Abrüstung. Das Abkommen zur Abschaffung der landgestützten atomaren Mittelstreckenraketen war nicht einfach einer unter vielen Verträgen zur Begrenzung des weltweiten Atomwaffenarsenals, sondern der einzige Vertrag, der die Abschaffung und Vernichtung einer bestimmten Waffengattung konkret regelte.

Die Raketen wurden nicht nur reduziert oder begrenzt, sondern vernichtet und damit eine Forderung erfüllt, für die Friedensbewegungen in Ost und West seit 1979 mit großem Einsatz gekämpft hatten.

Die Kündigung des INF-Vertrags durch Donald Trump am 1. Februar 2019 kam nicht überraschend, sie war lange vorher angedroht worden. Dass Vladimir Putin einen Tag später nachgezogen ist, ist ebenso wenig überraschend, aber umso besorgniserregender, da er diese Kündigung sofort mit einer Ankündigung verbunden hat: Er will nun schnell neue Raketensysteme entwickeln und stationieren lassen, die mehr als die bisher erlaubte Reichweite von 500 Kilometern haben und damit innerhalb von Minuten Westeuropa erreichen können.

Schon seit längerer Zeit sind die USA und Russland dabei, ihre Atomwaffen zu modernisieren und deren Schlagkraft und Zielgenauigkeit zu verbessern. Und speziell Donald Trump sieht überhaupt nicht ein, dass man solche Waffen, wenn man sie denn schon besitzt, nicht auch einsetzen darf. Damit bekommt die atomare Bedrohung in Deutschland und Europa eine erschreckende neue Aktualität. 14.465 atomare Sprengköpfe lagern derzeit in den Arsenalen der Atomwaffenstaaten, etwa 90% davon in denen Russlands und der USA. Diese bedrohen nicht nur die jeweiligen Kriegsgegner*innen, sondern im Fall ihres Einsatzes die Existenz von Milliarden von Menschen, Tieren und Pflanzen auf diesem Planeten. Ich übertreibe nicht. In einer Studie aus dem Jahr 2015 haben Klimaforscher*innen anhand neuer Simulationsprogramme die Auswirkungen eines regional begrenzten Krieges mit 100 Atomsprengköpfen berechnet. Durch die Explosionen der Bomben und die durch sie ausgelösten Brände würden große Mengen von Staub, Ruß und Aerosolen in die hohen Schichten der Atmosphäre geschleudert, wo sie die Sonnenstrahlung wie ein Schirm reflektieren und zu einer Abkühlung des Klimas um mehrere Grad Celsius führen würden. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass der Einsatz von 0,3% der weltweiten Atomwaffenpotenziale ausreichen würde, um das Klima auf der Nordhalbkugel für mindestens 10 Jahre so weit abzukühlen, dass die Kornkammern der Menschheit in China, Indien und den USA nicht mehr in der Lage wären, die Menschen zu ernähren. Die Autor*innen rechnen mit bis zu einer Milliarde Hungertoten, die zu der Zahl der unmittelbar vom Krieg Getöteten hinzuzurechnen wären.

Wohlgemerkt: dies ist kein möglicher Ausweg aus der Erderwärmung, sondern nur eine andere, ebenfalls menschengemachte Klimakatastrophe, deren Auswirkungen auf die Pflanzen- und Tierwelt schneller einträten und drastischer wären. Ein Blick in die Geschichte ermöglicht einen kleinen Eindruck davon, wie sich das Wetter durch einen solchen „Sonnenschirm“ in der Atmosphäre ändert: in historischer Zeit kam es mehrfach zu abrupten Kaltzeiten nach dem Ausbruch von Vulkanen, etwa des isländischen Laki 1773 und des indonesischen Tambora 1815. In den betroffenen Regionen Nord- und Westeuropas folgten Hungerjahre, in denen der Sommer und mit ihm die Ernte weitgehend ausblieb. Jede dieser Naturkatastrophen führte zu regionalen Fluchtbewegungen und Hungeraufständen. Heute haben wir einen globalen Markt für Nahrungsmittel, so dass Ernteausfälle auf der Nordhalbkugel auch massive Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit auf der Südhalbkugel hätten. Ein regional begrenzter Atomkrieg würde also eine weltweite humanitäre Katastrophe auslösen.

Angesichts dieser Bedrohung ist es höchste Zeit, dass die Bundesregierung ihre zögerliche Haltung gegenüber dem Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen aufgibt und sich klar zu einem atomwaffenfreien Deutschland bekennt. Die atomwaffenfreie Welt, zu der sich die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag bekennen, kommt nicht durch Abwarten und Lavieren, sie braucht Staaten, die mutig vorangehen und sich der Ideologie der nuklearen Abschreckung entziehen. Jetzt erst recht: Atomwaffen abschaffen!

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