Für 1,30$ pro Gramm – In Uruguay gibt es jetzt Gras in Apotheken

In der Bundesrepublik Deutschland werden Konsument*innen von Cannabis weiterhin diskriminiert und kriminalisiert. Gefängnisstrafen für den Besitz und auch den Vertrieb von Cannabis müssen weiterhin abgesessen werden und auch Führerscheine werden weiterhin eingezogenObwohl die Legalisierung oder auch die Entkriminalisierung von Cannabis in anderen Ländern durchaus funktioniert.

In Deutschland steht der Legalisierung hauptsächlich die sehr konservative Haltung der Bundesregierung, um präziser zu werden, Marlene Mortlers (Drogenbeauftragte der Bundesregierung, CSU) entgegen.

Ein Auszug aus einem Interview mit dem Magazin “Puls“, in dem der Reporter Mortler einen Auszug aus einem Interview mit einem anonymen Polizisten vorspielt:

“Wenn es was bringen würde, würden wir ja feststellen, dass die Zahlen der Cannabiskonsumenten sinken. Es verschwendet total viele Steuergelder, die man in die Aufklärung, in die Prävention stecken könnte.“

Mortler erwiderte daraufhin, sie habe bisher von keinem Polizisten gehört, der das so sehe.

Als der Reporter daraufhin auf Polizeigewerkschaften, die sich über das Verbot beschwerten, zu sprechen kam und dann noch die Strafrechtsprofessoren erwähnte, die sagten, die Drogenpolitik sei gescheitert, sagte sie kurz und knapp: “Und ich sage, Spielregeln müssen sein.“

Sie sagte außerdem, sie “laufe nicht jedem Zeitgeist hinterher.“

Situationen wie diese passierten häufiger. In der Regel geht Frau Mortlers Argumentation nicht über die Wiederholung lang widerlegter Vorurteile gegenüber der Droge hinaus.

Der Verkauf in Uruguay

Solche rückwärtsgewandten Konzepte der Drogenpolitik hat Uruguay nun abgelegt.

Das Land vertreibt Cannabis jetzt in Apotheken, bis zu 10 Gramm dürfen sich alle Bürger*innen pro Woche kaufen, ohne Rezept oder dergleichen.

Mit dem Ziel, den Schwarzmarkt zu schwächen. Das Cannabis ist billiger als auf dem Schwarzmarkt, außerdem gibt es eine strenge Qualitätskontrolle.

Die Idee gibt es schon länger: „Wir müssen ihnen das Geschäft entreißen. Wir müssen der Mafia das Geschäft kaputt machen“, , sagt der ehemalige Präsident José Mujica, der dieses Vorhaben schon vor einiger Zeit realisiert haben wollte. Nun wurde das Konzept endlich umgesetzt.

Aber schon vorher gab es legale Wege, an Cannabis heranzukommen.

Seit Ende 2013 wurde der Konsum entkriminalisiert und später wurde erlaubt, selber eine kleine Anzahl an Pflanzen anzubauen. Der Drogentourismus sollte mit der Beschränkung auf Bürger*innen und Gäste, die über ein Jahr in Uruguay sind, im Keim erstickt werden. Es ist allerdings abzusehen, dass sich der Weiterverkauf von Cannabis aus den Apotheken an Touristen wohl eher nicht unterbinden lassen wird.

Uruguay ist damit das erste Land weltweit, dass den Anbau, den Handel und auch den Konsum legalisiert hat, wenn auch mit sehr starken Regulierungen, die wiederum auf Kritik stoßen.

Hat mit einer Reihe von Reformen sein Land auf den Kopf gestellt: der ehemalige Präsident Uruguays José „El Pepe“ Mujica. By Vince Alongi, Wikimedia Commons, licensed under CC BY 2.0.

Legalisierungsaktivist*innen befürchten, die staatliche Datenbank, in der die Namen von allen teilnehmenden Bürger*innen gespeichert sind, könnte irgendwann gegen die Bürgerinnen und Bürger verwendet werden. Aber auch andere Probleme bringt die neue Regelung laut der Aktivistin Alicia Castilla mit sich. Die Pädagogin und Psychoanalytikerin gab der dem Portal “dinafem.org“ ein Interview, in dem sie sich sehr kritisch zu dem Programm äußerte.

Ihr Kritikpunkt war, dass das Programm unrealistisch aufgestellt sei und Konsument*innen

total vernachlässige. Ihr zufolge würde die Regierung niemals mit der Nachfrage mithalten können. Mit dem Interview sollte sie Recht behalten, der Verkauf verschob sich aus verschiedenen Gründen nach hinten. Viele Apotheken wollen das Cannabis nicht verkaufen, nur 16 haben sich bisher bereit erklärt.

Der geregelte Verkauf findet nun trotz aller Anlaufschwierigkeiten statt.

In anderen Ländern, zum Beispiel den Niederlanden, wird der Verkauf von Cannabis in den Coffeeshops nur geduldet, das Cannabis stammt aus illegalen Quellen.

In Uruguay hingegen wird der Anbau staatlich beaufsichtigt, das Militär bewacht den Anbauort.

Verantwortlich dafür ist der damalige Präsident des Landes José Mujica, auch “Pepe“ genannt.

Dieser setzte in seiner Amtszeit viele Dinge um, für die Uruguay als sehr fortschrittlich gilt: Die Ehe für alle, die Legalisierung von Abtreibungen, oder auch der erfolgreiche Kampf gegen die Armut.

Zahlen und Fakten

– Das Gramm kostet etwa 1,30$.

– Bis zu 10 Gramm dürfen pro Woche erworben werden.

– 16 Apotheken verkaufen bisher Cannabis.

– Registrieren lassen können sich alle Bürger*innen Uruguays sowie alle Menschen, die dort länger als 1 Jahr leben. Die Registrierung erfolgt per elektronischem Fingerabdruck.

– An öffentlichen Orten ist der Konsum verboten, ebenso wie am Arbeitsplatz oder hinterm Steuer.

– Im Dezember 2013 wurde der Konsum bereits entkriminalisiert, sowie auch in Portugal.

– 55.200 Menschen rauchen in Uruguay täglich Gras, laut dem Cannabis-Kontrollinstitut.

– Es gibt ungefähr 3 mal so viele Gelegenheitskonsument*innen.

– Prozentual gesehen ist das mit Deutschland vergleichbar, hier kiffen etwa 2,8 Millionen Menschen.

– Über 5000 Registrierungen gab es bereits.

– Bis zu 6 Pflanzen dürfen alle Bürger*innen seit August 2014 legal anbauen.

– Bis zu 480 Gramm Cannabis im Jahr dürfen über die Mitgliedschaft in einem Club, der gemeinsam Hanf anbaut, bezogen werden.

Wer ist sonst noch so für die Legalisierung?

Der Jugendrichter Andreas Müller spricht sich seit längerem auch in Deutschland für die Legalisierung aus, er hat die Erfahrung gemacht, dass das Verbot von Cannabis und die Bestrafung von Cannabiskonsum unzählige Familien auseinandergerissen habe, weil Konsument*innen eingesperrt worden seien.

Jedes Jahr sterben in Deutschland mehrere Tausende Menschen an den Folgen von Alkoholkonsum, trotzdem denkt niemand über das Verbot von Alkohol nach.

Niemand käme auch je auf diesen Gedanken.

Die gesundheitlichen Folgen von Alkoholkonsum sind gravierend, Cannabis hingegen ist laut diversen Studien eher ungefährlich, außerdem sei ihm kein einziger Fall bekannt, bei dem jemand durch Cannabiskonsum umgekommen wäre.

Müller griff als Jugendrichter sehr hart durch, aber gegen Gewalttäter, nicht gegen Cannabiskonsument*innen, außerdem prangert er an, dass die Kriminalisierung dem Jugendschutz den sie verspricht, unmöglich mache.

Legalisierungsbefürworter*innen in Deutschland können gar nicht oft genug erwähnen, wie alle Argumente von konservativer Seite in der Realität ins Leere gehen. Der sogenannte Krieg gegen die Drogen ist massiv gescheitert, in Deutschland gibt es trotz Polizei an jeder Straßenecke Drogen zu kaufen. Die vielen kleinen Dealerinnen und Dealer bieten oftmals gestreckte Ware an, die, wie das bei gestreckter Ware häufiger der Fall ist, unter Umständen ein enormes Gesundheitsrisiko darstellen kann. Cannabis selber ist nicht giftig für den Körper, Streckmittel wie Brix sind hingegen äußerst giftig und der Schwarzmarkt ist voller gestreckter Ware. Der deutsche Hanfverband warnt im Internet schon seit längerem vor diesen Streckmitteln, die ein Phänomen des Schwarzmarkts und ein Ergebnis der individuellen, unregulierten Profitmaximierung ohne Rücksicht auf Konsequenzen sind.

Es muss für Konsument*innen endlich eine richtige Alternative zum Schwarzmarkt geben und Uruguay macht der Welt grade vor, wie das funktionieren könnte.

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