Erklärung der iranischen Regierung zu Trumps Ausstieg aus dem Iran-Deal

Diese Regierungserklärung wurde am 10. Mai auf den Internetseiten des Iranischen Außenministeriums veröffentlicht. Die Erklärung wurde von Jakob Reimann ins Deutsche übersetzt. Sie spiegelt nicht zwangsläufig die Meinung der Freiheitsliebe-Redaktion wider, sondern soll als wichtiges zeithistorisches Dokument der deutschsprachigen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.










ERKLÄRUNG DER REGIERUNG DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN ZUM AUSSTIEG DER US-REGIERUNG AUS DEM ‘JOINT COMPREHENSIVE PLAN OF ACTION‘

TEHERAN, 10. MAI

 

Im Namen des barmherzigen und gnädigen Gottes.

 

Der rechtswidrige Ausstieg des US-Präsidenten aus dem Joint Comprehensive Plan of Action, JCPOA [offizielle Bezeichnung des „Iran-Deals“, Anm. J.R.], ist nur das Ende der langen und anhaltenden Verstöße gegen dieses Abkommen seitens der Vereinigten Staaten, insbesondere seit dem Amtsantritt ihrer neuen extremistischen Regierung. Mr. Trumps absurde Beleidigungen gegen die große iranische Nation lassen das Ausmaß seiner Ignoranz und seiner Torheit erkennen. Vielmehr gebühren seine haltlosen Anschuldigungen gegen die Regierung der Islamischen Republik Iran einem Regime, welches durch seine Interventionen den Nahen Osten ins Chaos stürzte und Terrorismus und Extremismus entflammte; dessen zionistischer Verbündeter beispiellose Grausamkeiten, Menschenrechtsverletzungen und Aggressionen begeht; und dessen regionale Klienten terroristische Gruppen gebaren und förderten, was Mr. Trump in einer lächerlichen Behauptung der Islamischen Republik Iran andichtet. Es ist bedauernswert, dass ein solches Individuum jetzt das zivilisierte und friedliche amerikanische Volk regiert.

Seit seinem Wahlkampf verkündete Mr. Trump seinen Hass auf das JCPOA, ein Abkommen, das von der internationalen Gemeinschaft als Sieg der Diplomatie angesehen wird. In Verletzung der Bestimmungen des Abkommens gab Mr. Trump seit seinem Amtsantritt nicht nur explizite und offizielle Erklärungen gegen das Abkommen selbst ab, sondern versäumte auch die – keineswegs lediglich formelle, sondern – praktische Umsetzung der Verpflichtungen der USA im Rahmen des JCPOA. Die Islamische Republik Iran hat diese Verstöße in zahlreichen Schreiben an die im Rahmen des JCPOA einberufene Joint Commission dokumentiert, in denen die Arglist der derzeitigen US-Regierung und die fortwährenden Verstöße gegen das Abkommen geschildert werden. Mr. Trumps jüngste Aktion ist daher keine neuartige Entwicklung, sondern markiert lediglich das Ende der obstruktionistischen Präsenz der Vereinigten Staaten als Vertragspartei des JCPOA.

Das JCPOA ist ein multilaterales Übereinkommen, das in einer Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen einstimmig angenommen wurde und im Gegensatz zu Mr. Trumps Behauptungen nicht bloß ein Abkommen seines Vorgängers ist, deren Umsetzung von einer nachfolgenden US-Regierung ignoriert werden kann.

Dieses Vorgehen des US-Präsidenten ist jedoch nicht auf das JCPOA beschränkt. Vielmehr sind unter der derzeitigen US-Regierung Gesetzesverstöße und die Verletzung von Verpflichtungen zu einem Muster geworden, das vom Pariser Klimaabkommen bis zur Transpazifischen Partnerschaft führt. Es war einzig dem globalen Konsens über das JCPOA sowie der inneren Stärke des Abkommens zu verdanken, dass die Regierung der Vereinigten Staaten sechzehn Monate gebraucht hat, um sich explizit und offiziell zurückzuziehen.

Der Rückzug der USA aus dem JCPOA hat nicht nur die Glaubwürdigkeit der Vereinigten Staaten auf der Weltbühne weiter beschädigt, sondern auch das Fundament internationaler Beziehungen in der heutigen Welt und die Glaubwürdigkeit von mit den USA geschlossenen Abkommen – ob bilateral oder multilateral – in Frage gestellt sowie das gegenwärtige System des Völkerrechts in ernsthafte Gefahr gebracht.

Im Gegensatz zu den USA bekennt sich die Islamische Republik Iran zu ihren internationalen Verpflichtungen und sieht die Einhaltung solcher Verpflichtungen als grundlegendes religiöses Prinzip sowie als unumstößliche Norm, die dem Völkerrecht zugrunde liegt. Bislang wurde die Einhaltung sämtlicher Verpflichtungen des Iran im Rahmen des JCPOA nicht nur von der einzigen international anerkannten Behörde – der Internationalen Atomenergiebehörde – bestätigt, sondern auch von allen Parteien des JCPOA, einschließlich der USA. Daher haben haltlose Behauptungen und lächerliche Propagandashows keinen Wert und keine Glaubwürdigkeit innerhalb des JCPOA, zumal die Internationale Atomenergiebehörde nach den Vorwürfen von Trump und seinen Komplizen erneut wiederholt hat, dass der Iran seine Verpflichtungen aus dem Abkommen einhält.

Der Iran wird als ein Land, das seinen rechtlichen Verpflichtungen nachgekommen ist, den Beschluss der US-Regierung, gemäß den Mechanismen und Bestimmungen des Abkommens aus dem JCPOA auszutreten, weiterverfolgen. Sollte der Ausstieg der USA nicht vollständig kompensiert und die Interessen des iranischen Volks nicht erfüllt und garantiert werden, wird der Iran – wie es im Abkommen niedergeschrieben ist und vom iranischen Revolutionsführer am 9. Mai dargelegt wurde – seinen rechtlichen Anspruch wahrnehmen und ihm zweckmäßig erscheinende reziproke Maßnahmen ergreifen. Die anderen Parteien des JCPOA, insbesondere seine drei europäischen Unterzeichnerstaaten müssen notwendige Maßnahmen ergreifen, um das Abkommen zu schützen und ihre Verpflichtungen umzusetzen – wozu sie aufgrund der Behinderungen der Trump-Regierung nachweislich nicht in der Lage waren, als die USA nominell noch Teil des Deals waren – sowie ohne Vorbedingungen vom Geben von Versprechen zu praktischem Handeln übergehen.

Keine der Bestimmungen oder Zeitfenster des JCPOA, die Gegenstand von zwölfjährigen Verhandlungen waren, sind in irgendeiner Weise verhandelbar. Der USA, die durch ihre Einmischung und irrige Politik in unserer Region Extremismus, Terrorismus, Zerstörung, Krieg und Kindermord ausgelöst haben, steht es nicht zu, der Islamischen Republik Iran bezüglich der rechtmäßigen Präsenz in ihrer eigenen Region Vorschriften zu erteilen oder ihren wirksamen Unterstützung der Völker Syriens und des Irak in deren Bestreben, den Extremismus zu bekämpfen. Die USA und ihre Verbündeten tyrannisierten das iranische Volk acht Jahre lang, indem sie das Regime von Saddam Hussein unterstützten, einschließlich der Ausstattung mit chemischen Waffen und modernster militärischer Ausrüstung, während sie den Zugang Irans zu jeglichen Verteidigungsmitteln blockierten. [Gemeint sind die acht Jahre des Iran-Irak-Kriegs 1980-1988, Anm. J.R.]  Gegenwärtig verwandeln sie durch ihren Verkauf von hunderten von Milliarden Dollar nutzloser hochentwickelter Waffen die Region in ein Pulverfass und verschlingen so die finanziellen Ressourcen der Region. Die USA und ihre Alliierten haben kein Recht, der Islamischen Republik Iran Beschränkungen bezüglich ihrer rechtmäßigen Abwehrmaßnahmen aufzuerlegen, einschließlich defensiver ballistischer Raketen, die aufgrund der bitteren Erfahrungen des Krieges mit Saddam Husseins Regime zum Tragen konventioneller Waffen entwickelt wurden. Tatsächlich verstoßen derartige Bemühungen ausdrücklich gegen die Grundsätze des Völkerrechts und das legitime Recht der Islamischen Republik Iran auf Selbstverteidigung gemäß Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen.

 

Wie vom Präsidenten der Islamischen Republik Iran am 8. Mai angekündigt, wurde der iranische Außenminister beauftragt, Maßnahmen zu ergreifen, um von den verbleibenden Parteien des JCPOA sowie den anderen Wirtschaftspartnern des Iran die erforderlichen Garantien zu erhalten und die Ergebnisse dieser Mission umgehend zu berichten. In der Zwischenzeit wurde der Präsident der Iranischen Atomenergieorganisation damit beauftragt, alle notwendigen Schritte einzuleiten, um den Iran ohne jegliche Restriktionen auf die Anreicherung im industriellen Maßstab vorzubereiten, wobei auf die Ergebnisse der neuesten Forschung und Entwicklung der mutigen iranischen Atomwissenschaftler zurückgegriffen werden.

 

Mit Gelassenheit und Zuversicht werden die Menschen im Iran ihren Weg hin zu Fortschritt und Entwicklung weiterverfolgen und die Regierung der Islamischen Republik Iran sieht alle notwendigen Maßnahmen vor, um dies unter allen Umständen zu gewährleisten.

 

Die Islamische Republik Iran – als ein sicherer und kraftvoller Staat, der seine Sicherheit und wirtschaftliche Entwicklung von innen heraus entwickelt und auf die besonnene Partizipation und Widerstandsfähigkeit seiner mutigen und zivilisierten Bevölkerung zurückgreift – strebt eine konstruktive und würdevolle Zusammenarbeit mit der Welt an und hat durch die Umsetzung des JCPOA, trotz der anhaltenden Verstöße der Vereinigten Staaten, bewiesen, dass sie ein vertrauenswürdiger und engagierter Partner für all jene ist, die bereit sind, auf der Grundlage gemeinsamer Interessen und gegenseitigen Respekts zusammenzuarbeiten.



Die Erklärung kann hier als .pdf heruntergeladen werden.

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