Mit dem Rücken zur Wand und den Blick gen Zukunft gerichtet stehen und leben Tausende Flüchtige zum Zeitpunkt der Pandemie in Lesbos und Moria.
Nicht nur, dass diese Menschen provisorisch am Überleben sind, nun kehrt auch ein unsichtbarer Gegner in die Flüchtlingscamps in Griechenland ein. Die Bedingungen in den Flüchtlingslagern in Moria und Lesbos waren auch ohne das Virus schon unmenschlich und riskant genug. In Moria teilen sich 200 Menschen ein WC und eine Dusche. Ein Wasserhahn dient nicht nur als Wasserquelle zum Trinken, sondern ebenfalls zum Abspülen und um seinen Körper zu reinigen. Mehrere Stunden stehen die ohnehin schon erschöpften Menschen für Nahrung an, die vorne und hinten nicht reicht. Für sich und ihre Familien gehen sie sehr große Risiken ein.
In Zeiten von Klopapierhortungen und Schlachten an den Regalen um Dosenfutter im zivilisierten Europa vergisst man leicht die Situation, in der viele tausende Frauen, Kinder und Männer an den Grenzen zu Europa gezwungen sind auszuharren. Um den Mindestabstand gewehrleisten zu können, sprechen wir von einem Abstand von 1,50 Metern in Supermärkten, bei der Arbeit und sogar bei Verwandten – aufgrund der maßlosen Überbelegung ist dies in den Lagern eine Unmöglichkeit. Das Lager in Moria ist für 3.000 Menschen ausgelegt. Nun sind es 20.000 Menschen, die sich dicht auf dicht ihre Zelte aneinanderreihen. In Zelten bis zu zehn Personen, Kinder und ihre Spielzeuge, Töpfe und Betten. In solch prekären Situationen ist die Bekämpfung von Covid-19 unmöglich.
Diese bereits genannten Situationen können nur beendet werden, indem diese Menschen nicht mehr durch Zäune mit uns Sprechen, nicht mehr mit Angst, statt Essen im Bauch zu Bett gehen, sondern Europa diese Tragödie endlich beendet. Die Grenzen aufzumachen, zeugt nicht nur von Solidarität, sondern auch von gesundem Menschenverstand. Eine menschenverachtende Situation für so viele Kinder, Männer und Frauen ist nur mit der Öffnung der Grenzen und der schulischen Bildung in Deutschland oder seinen Partnern in Europa möglich. Über Obergrenzen zu sprechen, ist bei der Fläche von 10.180.000 Quadratkilometern eine Farce. Natürlich tragen Parteien wie AfD oder FPÖ deutlich dazu bei, dass unsere Mitbürger und Mitbürgerinnen eine Gefahr darin sehen, die Grenzen zu öffnen. Aber um eine gesunde Welt für jede undjeden zu erschaffen, müssen auch dieselben Gegebenheiten herrschen. Ob dies nun die Hygiene, Bildung oder andere Dinge betrifft, ist unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht oder Religion. Nur gemeinsam kann Europa diese Menschen auffangen.
Nur mit klarem Menschenverstand und Liebe wird es möglich sein, allen die Freiheit zu schenken.
Von Aygün Altay. Aygün ist ein 24-jähriger kommunistischer Aktivist aus XXX mit türkischen Wurzeln.