„Island of Individuals“ – Ein Film über eine anarchistische Kindergesellschaft

Island of Individuals – Ein Film über die anarchistische Kindergesellschaft, die von einer totalen Erwachsenendiktatur Rettung sucht. Im Jahre 2089 sieht sich eine geheime Kolonie von pazifistischen Punkkindern gezwungen, sich gegen ein tyrannisches globales Regime zu wehren, welches droht, ihre utopischen Inselträume zu zerschmettern.So lautet die Handlung eines Films, der auch auf dem Flyer von Matze R. zu lesen ist. Er ist Sänger der Münchner 10er Retro Punk Band Umluft 180° und ist gerade dabei im Anschluss seines kürzlich abgeschlossenen Regiestudiums seinen ersten Spielfilm umzusetzen, dessen Titel den Namen Island of Individualsträgt: Die Insel der Individuen.

Gerade ist er dabei diesen Film durch Crowdfunding auf die Beine zu stellen. Sein Projekt kann man unter dem folgenden Link unterstützen: igg.me/at/islandofindividuals. Inspirieren lassen hat er sich dabei von der Subkultur von den Menschen, welche ihre Einstellung als punk bezeichnen: TROTZDEM das zu machen, was einem gefällt bzw. TROTZDEM sich treu zu bleiben.Diesen Text verfasst Matze in der dritten Person Singular. Mit links streicht er galant über seine Tastatur, während er mit sich selbst ein Interview führt:

Matze: Wie bist du auf die Idee dieses Spielfilms gekommen?

Matze: Ich habe in meiner Vergangenheit auf zahlreichen Festivals ein gewisses Geben und Nehmen zwischen den Menschen beobachtet. In unserer Gesellschaft gilt es als unhöflich, wenn man eine Person fragt, ob man eine ganze Flasche Wasser/Limo/Bier haben kann. Eventuell kann man nach einem kleinen Schluck fragen, aber wenn man nach mehr fragt, gilt es oft als unverschämt. Auf dem Festival war das aber Normalität: Man fragt nach etwas zu Essen oder einem Getränk und bekommt eins geschenkt. Dafür wenn man selbst nach etwas zu Essen oder ein Getränk gefragt wird, gibt man der Person dann selbst was ab.

Dieses ausgeglichene Geben und Nehmen, welches mit einer solchen Selbstverständlichkeit geschehen ist, hat mich fasziniert und ich habe mir die Frage gestellt, warum kann es auf der Welt nicht überall so zu gehen?

Matze: Das klingt ja sehr interessant. Nur leider verhält sich das auf unserer gesamten Welt ja viel komplexer, weil die Welt von mehr als 7,3 Milliarden Menschen bevölkert ist. Auf einem Festival ist das ja noch einigermaßen übersichtlich. Wie bist denn du auf die Idee genau gekommen?

Matze: Ja, das stimmt allerdings. Wie du sicherlich weißt, haben wir im Laufe des Studiums den Auftrag bekommen, eine Synopsis für einen erfundenen Film zu entwerfen, also quasi die Geschichte des Films in 10 Sätzen. Dabei ist dann die Idee entstanden. Am Anfang war die Idee, die Entstehung eines vierten Reiches in der Zukunft, welches von den Wissenschaftlern als Braune Renaissance bezeichnet wird. Als Außenseiter werden Punks verfolgt, die auf eine Insel flüchten. Da kam mir die Idee, die Insel so aus sehen zu lassen, wie die Festivals, auf denen ich gewesen bin und die Stimmung des gegenseitigen Geben und Nehmens so in dem Film rüber zu bringen, wie ich sie erlebt habe. Die Idee, die Handlung auf Punks gegen Nazis zu beschränken, find ich aber ein wenig zu oberflächlich und plakativ.

Matze: Wie kam es denn zu der Änderung zu der Kinder und der Erwachsenenwelt?

Mein Pflichtpraktikum habe ich bei der Produzentin Heide Fliegner von Roll Call Pictures gemacht. Diese hatte mich gefragt, ob ich ein Drehbuch hätte, welches ich gerne umsetzen würde. Zu der Zeit hatte ich bisher nur ein Treatment, also quasi jede Szene kurz in 5 Sätzen zusammen gefasst. Sie fand die Idee gut und erklärte sich dazu bereit, mir zu helfen, diesen Film um zu setzen.

Da Heide Flieger sich in ihren Filmprojekten schon viel für die Rechte von Kindern eingesetzt hatte, entschieden wir das ganze stattdessen als Generationskonflikt dar zu stellen.

Die Idee mit den Kindern passt auch psychologisch gesehen viel mehr, denn Punk in seinen Anfangsjahren war ja nichts anderes als eine Gruppe jugendlicher, die mit dem bestehenden System und ihren damit verbundenen Ungerechtigkeiten nicht einverstanden waren. Es ist ja auch eine Einstellung, die vom Aussehen vollkommen unabhängig ist. Daher sind diese Kinder, die sich gegen das System wehren und trotzdem das tun, was ihnen gefällt, punk. Aber darauf kommt es nicht an, wie man die jetzt bezeichnet. Im Grunde sind es Menschen, welche dasselbe Ziel teilen.

Matze: Matze, du sagst sie machen das, was ihnen gefällt, aber wie können sie sich das auf dieser Insel leisten?

Matze: Für dich, Matze, dürfte es sicher nachvollziehbar sein, dass ich mir die selbe Frage gestellt habe. Die Leute, mich mit eingeschlossen, die ich auf den Festivals getroffen habe, konnten es sich natürlich leisten, ihre Vorräte miteinander zu teilen, weil sie bereits welche hatten. Entweder haben sie ihr Geld selbst verdient, oder sie hatten Menschen, die sie unterstützt haben: ihre Eltern z.B.

Wenn man aber vor einer Welt flüchtet, dann ist ganz klar, dass die Vorräte, die man mitnimmt nicht lange reichen werden. So kam ich auf die Idee, dass eine geheime Organisation von Wissenschaftlern, Philosophen, Künstlern und Psychologen die Rolle der Unterstützer übernehmen könnte. Diese verpflegen die Insel und garantieren für das Überleben der geflüchteten Kinder, die man an sich auch als Refugees bezeichnen könnte.

Da mir allerdings die Message des ausgeglichenen Geben und Nehmens wichtig ist und es mir auch darum ging, ein Modell einer gerechten Gesellschaft dar zu stellen, die meiner Meinung nach nur durch gerechtes Teilen entstehen kann, musste ich etwas an der Geschichte ändern. Denn bisher haben die Kinder auf der Insel ja nur das genommen, was ihnen von der geheimen Organisation gegeben wurde. Die Situation spitzt sich zu. Die Insel wird entdeckt und die Organisation wird verboten. Nun sind die Kinder auf sich allein gestellt.

Matze: Und das war die Grundlage für die herrschaftslose Gesellschaft?

Matze: Auch davor gab es keine Herrschaft auf der Insel. Nun besteht das Problem, dass die Vorräte langsam ausgehen und einige mehr haben, während andere weniger haben, was an sich zu Herrschaft führt, denn wenn einige Menschen gewisse Bedürfnisse haben und andere Menschen die Macht/Kontrolle über diese Bedürfnisse haben, dann haben sie ja auch die Macht zu entscheiden, ob die Bedürfnisse der anderen befriedigt werden oder nicht. Wenn Leute diese Position nutzen, um die, die weniger haben auszubeuten, dann haben wir genauso Verhältnisse, die leider auf dieser kranken Welt zur Normalität geworden sind. Und ja, bei der Menge an Menschen auf der Welt ist es natürlich so unübersichtlich, dass man nicht von heute auf morgen sagen kann So Leute, ab jetzt schaffen wir alle Gesetze ab. Macht was ihr wollt..

Matze: Warum nicht?

Weil die Menschen meiner Meinung nach nicht dazu bereit sind. Es fehlt an genug Selbstreflexion und Empathie. Stattdessen kann man überall nur Rechthaberei und Egoismus beobachten.

Ich denke, wenn man auf Andere hört, achtet man auf die Gefühle Anderer. Damit denkt man an Andere und kann sich folglich auch um sie kümmern. Hört man aber nicht auf Andere, hört man nur auf seine eigenen Gefühle, kann man nicht an andere denken und kümmert sich nur um sich selbst.

In der U-Bahn kann man täglich beobachten, dass 30 Sitzplätze innen frei sind, draußen 20 Leute stehen und alle trotzdem drängeln, um als erstes einen Sitzplatz zu kriegen. Das Konkurrenzdenken und das Ellenbogendenken (im wahrsten Sinne des Wortes) ist mittlerweile so eingefleischt, dass kein Mensch merkt, wie sinnlos es an sich ist, weil ja genug Sitzplätze für alle frei sind. Die meisten wollen nur die ersten sein und auf alle anderen ist geschissen.

Matze: Und wie löst man das Problem?

Meiner Meinung nach besteht das Problem aus einem unendlichen Kreislauf. Menschen, die ungerecht behandelt werden und keine Liebe bekommen, lernen in meinen Augen auch keine Liebe kennen. Sie behandeln andere, wie sie behandelt wurden, weil sie nichts anderes kennen gelernt haben. Sie handeln demnach egoistisch und projizieren die Ungerechtigkeit, die sie erfahren haben, auf andere Menschen. Wenn diese Menschen auch nichts anderes als Ungerechtigkeit erfahren haben, projizieren sie die Ungerechtigkeit wieder auf andere. Ein ewiger Kreislauf.

Meiner Meinung nach, werden Menschen, die nur Liebe von ihrem Umfeld bekommen, zu sehr verwöhnt. Sie sind es gewohnt, dass sie alles bekommen, was sie haben wollen, was auch zu egoistischem Denken führt. Wenn es anderen Leuten schlechter geht, können sie sich schwerer in ihre Gefühle hineinversetzen als andere, weil es ihnen selbst nie so erging.

Bei Menschen, die beides kennen gelernt haben, Liebe und Hass, ist es wahrscheinlicher, dass sie mehr Empathie empfinden können, als Menschen, die entweder nur Liebe oder nur Hass kennen gelernt haben.

Matze: Und wie kommt man aus dem Teufelskreis von Ungerechtigkeit und Egoismus raus?

Erstens denke ich, indem wir an uns selbst arbeiten, also selbstkritisch denken. Egoismus bzw. Ungerechtigkeit geht mit Lügen einher und damit auch mit Misstrauen. Leute handeln oft egoistisch, weil sie nicht wissen, ob sie anderen trauen können, weil sie angst haben, selbst ungerecht behandelt zu werden. Ein weiterer Kreislauf.

Egoismus müsste durch Hilfsbereitschaft, Lügen durch Wahrheit und Misstrauen durch Vertrauen ersetzt werden. Dann müssten die Leute auch auf einander zu gehen, miteinander kommunizieren, auf einander hören und auf einander achten können. Dann wäre nicht das eigene Wohl im Mittelpunkt, sondern auch das der anderen Leute.

Ideal wäre hier ein ausgeglichenes Wohl durch ausgeglichenes Geben und Nehmen, wie ich es auf den Festivals beobachtet habe. Dann gäbe es keine Leute, die mehr haben als andere, sondern alle hätten im Idealfall ungefähr gleich viel.

Ich finde, wenn jetzt alle 7,3 Milliarden Menschen auf der Erde ein solches Bewusstsein hätten, dann wären auch keine Gesetze nötig. Schritt für Schritt kann man sich auf den Traum der Anarchie zu bewegen und schauen, wie weit man kommt. Wenn man beispielsweise Geige spielt, fängt man auch mit Kinderliedern und Etüden an, um letztendlich ein Violinkonzert spielen zu können, aber die Wahrscheinlichkeit jemals eine eigene Stradivari zu besitzen, ist ziemlich gering.

Matze: Und was hat das ganze mit deinem Film zu tun?

Ob das mit der herrschaftslosen Ordnung auf der Insel funktioniert, möchte ich offen lassen. Generell ist mein Ziel, Wahrheit ans Licht zu bringen und Menschen dar zu stellen, wie sie wirklich sind. Mein Ziel ist es, die üblichen Vorurteile und Klischees, die es über Punks gibt, zu widerlegen, indem ich Leute im Film nicht immer so handeln lasse, wie man es erwarten würde, bzw. zeigen, wie gewisse Dinge wirklich sind!

Natürlich gibt es Leute, die das eine oder andere Vorurteil bestätigen, aber in den Medien, werden alle diese Vorurteile in einen Topf geschmissen und auf alle übertragen. Die meisten denken, Punks wären Leute mit bunten Haaren, die nichts besseres zu tun hätten, als Mülltonnen um zu schmeißen, Leute an zu pöbeln und anderen Leuten ins Gesicht zu spucken.

Die in meinen Augen wertvolle Gesellschaftskritik, die in Punktexten vorkommt und aus den verschiedensten Perspektiven geäußert wird, kommt leider in der Gesellschaft nicht an, weil sie keiner ernst nimmt. Ich möchte allerdings nicht ausgelacht, sondern ernst genommen werden. Denn das könnte dann zu positiver Veränderung führen. Wenn Leute nicht genug Selbstkritik haben, dann müssen andere ihnen eben mitteilen, was alles schief läuft. So kann sich dann jeder sein eigenes Bild darüber machen. Hauptsache man stellt Fakten dar.

Deshalb ist es nicht nur mein Ziel, Kritik an der Gesellschaft zu üben, sondern auch Kritik innerhalb der Subkultur an den Menschen zu üben, die mitlaufen und alles nach machen, was ihnen an Vorurteilen und Klischees in den Medien vorgelebt wird.

An sich möchte ich selbst verbreiten, was unmissverständlich die Wahrheit ist, und zwar dass man vieles nicht einfach so pauschalisieren kann, oder wie Jello Biafra, Sänger der Dead Kennedys sagt: Don`t Hate the Media, be the Media.

Matze: Das ist ja ein schöner Schlusssatz. Mit dem hätte ich nie gerechnet. Vielen Dank für das Interview.

Matze: Das kann ich eigentlich nur erwidern, obwohl ich es ja an sich ja schon gerade gesagt habe.

 

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Hier geht es zur Homepage: islandofindividuals.com

 

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