Nein zum Krieg! 100 Jahre Zimmerwalder Konferenz!

Vor 100 Jahren trafen sich KriegsgegnerInnen aus Arbeiterparteien verschiedener Länder in dem Schweizer Dorf Zimmerwald bei Bern zu einer internationalen sozialistischen Konferenz. Der Erste Weltkrieg war in vollem Gange: „Millionen von Leichen bedecken die Schlachtfelder, Millionen von Menschen wurden für ihr ganzes Leben zu Krüppeln gemacht.“ Europa glich „einem gigantischen Menschenschlachthaus“.* Die Zimmerwalder Konferenz bildete einen wichtigen Schritt im Kampf gegen den Krieg, Sozialchauvinismus und Kapitalismus.

Der Zusammenbruch der Zweiten Internationale
Die Zweite Internationale, der internationale Zusammenschluss der sozialistischen Parteien und Gewerkschaften, hatte sich bei ihrer Gründung 1889 in Paris zur Aufgabe gemacht, marxistische und proletarische Massenparteien und Organisationen in den einzelnen Ländern zu fördern. Doch als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, ereignete sich eine schwere Niederlage für die internationale ArbeiterInnenbewegung: die sozialdemokratischen Parlamentsfraktionen Deutschlands und Frankreichs stimmten für die Kriegskredite und stellten sich so an die Seite ihrer Regierungen und hinter deren Kriegswirtschaft. Kurz darauf folgten ihnen die britischen SozialistInnen. Nur die russischen und serbischen Arbeiterparteien verweigerten die Zustimmung für die Kriegsanleihen. Mit der Absage an den proletarischen Internationalismus hatte sich die Zweite Internationale de facto erledigt. Die Kriegsfrage spaltete die sozialistische Bewegung in verschiedene Lager. Die KriegsgegnerInnen trafen sich in der Schweiz zur Konferenz von Zimmerwald.

Im Interesse einer einheitlichen Aktion der antimilitaristischen sozialistischen Kräfte kamen zwischen dem 5. und 8. September 1915 in Zimmerwald 38 Delegierte aus zwölf Ländern zusammen. Unter ihnen auch Wladimir Iljitsch Lenin und Leo Trotzki. Die Konferenz von Zimmerwald musste im Geheimen stattfinden und gab sich deswegen zur Tarnung als ornithologische Gesellschaft aus. Denn wer gegen den Krieg mobil machte oder zur Befehlsverweigerung aufrief, opponierte gegen die eigene Regierung und machte sich strafbar. So wurden im deutschen Kaiserreich etwa Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg wegen ihrer Agitation gegen den Krieg politisch verfolgt und mit Zuchthaus bestraft.

Ein Manifest der internationalen Solidarität

An der Zimmerwalder Konferenz wurde ein Manifest ausgearbeitet, welches das Proletariat zum internationalen Klassenkampf gegen Krieg und Militarismus aufrief. Im Manifest wird daran erinnert, dass der Kampf gegen imperialistische Kriege einst eine der wichtigsten Forderungen der Sozialistischen Internationale war: „Jahrzehntelang hat das sozialistische Proletariat den Kampf gegen den Militarismus geführt. Mit wachsender Besorgnis beschäftigten sich seine Vertreter auf ihren nationalen und internationalen Tagungen mit der aus dem Imperialismus immer bedrohlicher hervorgehenden Kriegsgefahr.“

Doch dieses zentrale Anliegen wurde durch die opportunistische Sozialdemokratie verraten, indem sie einen Burgfrieden mit der herrschenden Klasse schloss und das Proletariat zur Einstellung des Klassenkampfs und zur Beteiligung am Krieg aufrief. Im Gegensatz dazu stellten sich die UnterzeichnerInnen des Manifests von Zimmerwald nicht „auf dem Boden der nationalen Solidarität mit der Ausbeuterklasse, sondern auf dem Boden der internationalen Solidarität des Proletariats und des Klassenkampfes“.

Klassenkampf statt Weltkrieg

Doch bei aller gemeinsamen Positionierung gegen den Krieg war die Zimmerwalder Konferenz von Anfang an geprägt durch die Auseinandersetzung zwischen drei Strömungen, die sich zur selben Zeit in der ArbeiterInnenbewegung gebildet hatten: 1. die Sozialchauvinisten, die den Krieg rechtfertigten und deswegen in Zimmerwald erst gar nicht vertreten waren, 2. die Zentristen, die nur in Worten gegen den Krieg waren, in der Tat aber auf eine Versöhnung mit den „Vaterlandsverteidigern“ hofften, 3. die Linken, die konsequent den Kampf gegen den Krieg und gegen die eigene kriegstreibende Regierung vertraten.

Letztere Position wurde von der sogenannten Zimmerwalder Linken verfochten, die sich aus einer Minderheit der KonferenzteilnehmerInnen rekrutierte und um Lenin herum bildete. Sie ging von der Feststellung aus, dass der Krieg eine notwendige Folge des Kapitalismus ist und plädierte für eine Umwandlung des Krieges in einem Bürgerkrieg, um die imperialistischen Regierungen zu stürzen. Die Aufgabe der SozialistInnen besteht nach Lenin darin, „ohne ein einziges legales Mittel des Kampfes aufzugeben, alle diese Mittel der Hauptaufgabe unterzuordnen, das revolutionäre Bewusstsein der Arbeiter zu entwickeln, sie im internationalen revolutionären Kampf zu sammeln, jedes revolutionäre Auftreten zu fördern und die Umwandlung des imperialistischen Krieges zwischen den Völkern in den Bürgerkrieg anzustreben, in den Krieg der unterdrückten Klassen gegen ihre Unterdrücker, mit dem Ziel der Expropriation der Kapitalistenklasse, der Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat, der Verwirklichung des Sozialismus“ (Lenin Werke, Band 21, S. 350f.).

Je länger der Erste Weltkrieg dauerte, desto stärker nahmen die Proteste, Demonstrationen und Streiks gegen seine wirtschaftlichen und sozialen Folgen zu. In Russland löste der Krieg letztlich eine revolutionäre Erschütterung aus und es kam zu besagtem Bürgerkrieg. Mit Hilfe des Zentristen Robert Grimm, dem Organisator von Zimmerwald, und dem Schweizer Kommunisten Fritz Platten organsierte Lenin im Frühjahr 1917 seine Rückreise aus seinem mehrjährigen Exil in der Schweiz nach Russland. Denn nur zwei Jahre nach der Friedenskonferenz von Zimmerwald bereiteten die unterdrückten Massen der zaristischen und bürgerlichen Herrschaft in Russland ein Ende. Eine der zentralen Forderungen der russischen Revolution war ein gerechter und demokratischer Frieden, wie es im „Dekret über den Frieden“ zum Ausdruck kam.

Das Erbe von Zimmerwald

ZimmerBildzitat-WebIm Ersten Weltkrieg kamen über 17 Millionen Menschen und unzählige Tiere ums Leben (die Kriegstreiber setzten in den Armeen Millionen Pferde, Hunde und andere Tiere ein. Allein die Zahl der umgekommenen Pferde wird auf über 8 Millionen geschätzt). Die Konferenz von Zimmerwald setzte ein Zeichen gegen den Krieg und leistete einen wichtigen Beitrag zum Wiederaufbau der internationalen ArbeiterInnnenbewegung mit antimilitaristischer und revolutionärer Ausrichtung. In der Schweiz wie in vielen anderen Ländern legten die Grundsätze und die Tätigkeit der Zimmerwalder Linken das Fundament für das Entstehen der Kommunistischen Partei (welche in der Schweiz inmitten des zweiten Weltkrieges verboten wurde).

Heute, 100 Jahre nach Zimmerwald, gehören Kriege noch immer zur Tagesordnung. In der Ukraine wurde 2014 mit Unterstützung der EU und den USA eine neoliberale Putschregierung installiert, welche versucht eine Gesellschaft ohne Opposition zu schaffen. Zusammen mit faschistischen Paramilitärs führt die Kiewer Regierung einen blutigen Bürgerkrieg gegen die Bevölkerung im Osten des Landes. In der Türkei zettelt die Regierung momentan einen neuen Krieg gegen die kurdische Befreiungsbewegung an. Während der NATO-Partner vorgibt, gegen die Schergen des Islamischen Staates vorzugehen, gelten seine Angriffe in Wahrheit der kurdischen Arbeiterpartei PKK. Seit Juli 2015 verloren bereits hunderte Kurden durch die Gewalt der türkischen Armee ihr Leben. Während viele Gegenden der Welt in Flammen stehen und täglich duzende Menschen im Mittelmeer ertrinken, wird in der Schweiz der Ernstfall erprobt. Im Raum Basel findet vom 16. bis zum 25. September 2015 die Truppenübung CONEX15 der Schweizer Armee mit 5000 Soldatinnen und Soldaten statt. Die herrschende Klasse lässt schon einmal praktisch durchspielen, wie es angesichts sogenannter Bedrohungsszenarien wie „Wirtschaftskrisen“ oder „grösseren Flüchtlingsströmen“ möglich ist, ihre Macht militärisch zu sichern und die Proteste der Bevölkerung effektiv niederzuschlagen.

Im gegenwärtigen Klima, in welchem Kriegseinsätze als humanitäre Interventionen kaschiert werden, lässt sich von der Zimmerwalder Linken lernen, dass imperialistische Kriege niemals im Interesse der Lohnabhängigen geführt werden, sondern allein der Durchsetzung von wirtschaftlichen und politischen Interessen der Herrschenden dienen. Kriege sind ein Produkt des Kapitalismus. Eine Welt ohne Kriege ist deshalb nur möglich, wenn wir den Klassenkampf gegen den Kapitalismus aufnehmen und dem Imperialismus die internationale Solidarität entgegenstellen.

Nein zu Krieg!

Gegen Kapitalismus und Imperialismus!

Ein Gastbeitrag von der Tierrechtsgruppe Zürich

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