Ausgerechnet am 8. Mai, am Tag der Befreiung von Faschismus und Krieg, versammeln sich im Maritim-Hotel in Berlin Menschen mit einem besonderes Interesse, das sie von der übergroßen Mehrheit der Menschen in unserem Land unterscheidet: Im Gegensatz zu 80% der Bevölkerung, die weniger Rüstungsexporte und weniger Aufrüstung wünschen, treffen sich hier diejenigen, die an Rüstung und Krieg verdienen wollen: Die Aktionärinnen und Aktionäre der Rheinmetall AG. 5,8 Milliarden Umsatz hat der Konzern im vergangenen Jahr erwirtschaftet, fast die Hälfte davon mit Mordinstrumenten.
Und die Aktie, die man im Jahr 2000 noch für 9 Euro kaufen konnte, kostet heute 115 Euro. Bei jedem neuen Kriegsschauplatz auf dieser Welt knallen in der Konzernzentrale in Düsseldorf die Champagnerkorken. Denn Krieg ist gut für Umsatz und Dividenden.
Am Freitag meldete dpa: „Auftragsflut stimmt Rheinmetall nach schwachem Jahresstart zuversichtlich“. Das ist zwar für diejenigen, die Rheinmetall-Aktien besitzen, eine gute Nachricht, aber für sehr viele Menschen auf diesem Planeten eine schlechte.
Wenn die Rüstungsaktien steigen, dann wird das Leben an vielen Orten unsicherer. Zum Beispiel für die Menschen in Nordsyrien, in der Region Afrin, wo die türkische Armee auch mit Leopard-Panzern einmarschiert ist, mit Kanonen aus den Schmieden von Rheinmetall. Zum Beispiel für die Menschen im Jemen, wo Soldaten aus Saudi-Arabien, Ägypten und Katar eine mörderische Blockade aufrechterhalten. Zwei Millionen Kinder im Jemen sind unterernährt und 70% der Bevölkerung auf Lebensmittelhilfe angewiesen.
Die Koalitionsparteien Union und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, „ab sofort“ keine Waffenlieferungen mehr zu genehmigen an Länder, die „unmittelbar am Krieg in Jemen beteiligt sind“. Allein im ersten Quartal dieses Jahres wurden aber Rüstungsexporte im Wert von über 160 Millionen Euro nach Saudi Arabien bewilligt. Das wirft doch zwei Fragen auf:
1. Wann beginnt für die Bundesregierung eigentlich „ab sofort“? und
2. Wo gibt es eigentlich Zweifel daran, dass Saudi-Arabien „unmittelbar am Krieg in Jemen beteiligt“ ist?
Diese Genehmigungen und diese Exporte müssen sofort aufhören, sie sind Beihilfe zum Völkermord!
Gerade Rheinmetall versteht sich darauf, Politik im Sinne seiner Aktionäre zu beeinflussen. In Griechenland hat Rheinmetall über Jahre hinweg die Verantwortlichen mit Millionen geschmiert, um dem überschuldeten Land weitere unsinnige Panzer und Geschütze zu verkaufen. Ein Verfahren wegen Korruption umging man mit der Zahlung von 40 Millionen Euro – dem Umsatz von zweieinhalb Tagen. In Indien hat man versucht, über hochrangige Politiker, darunter den damaligen Wirtschaftsminister Gabriel und seinen Staatssekretär Beckmeyer, beide SPD, Einfluss auf ein Korruptionsverfahren vor dem Hohen Gericht in Delhi zu nehmen, um wieder von der schwarzen Liste der korrupten Unternehmen gestrichen zu werden.
Der Aufsichtsrat von Rheinmetall ist so etwas ein Abklingbecken für ausgediente Bundesminister. Nach dem Bundeswehr-Fan und Ex-Entwicklungsminister Dirk Niebel von der FDP ist es nun der ehemalige Verteidigungsminister Franz-Josef Jung von der CDU, der dort ein Zubrot von mindestens 60.000 Euro pro Jahr für fünf Jahre bekommt. Mal sehen, ob sich demnächst nicht auch für Herrn Gabriel dort ein lukrativer Nebenverdienst finden lässt…
Und nun hat sich Rheinmetall auch dickes Stück vom Kuchen der neuen Rüstungszusammenarbeit der EU gesichert. Das sogenannte PESCO-Programm wird mit zunächst 17 Rüstungsprojekten eines der lukrativsten Förderprogramme für die Rüstungsindustrie. Rheinmetall leitet ein Konsortium, das die Ausstattung der EU-Armeen mit einheitlichen Soldatensystemen, also mit Elektronik, Software und Mensch-Maschine-Schnittstellen, betreiben soll.
DIE LINKE lehnt PESCO ab, weil wir sagen: Abrüstung, nicht Aufrüstung ist das Gebot der Stunde. Die Bundesregierung bekennt sich in ihrem Koalitionsvertrag zum NATO-Aufrüstungsziel. Wenn jetzt auf der Zugspitze darum gestritten wird, ob Finanzminister Olaf Scholz der Rüstungsministerin von der Leyen gleich zwölf oder erst mal „nur“ sechs Milliarden zusätzlich bewilligt, dann sagen wir klar: beides ist unverantwortlich! Statt Aufrüstung brauchen wir mehr Investitionen in Friedensförderung, in zivile Konfliktbearbeitung, in nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz. Und wir brauchen Kooperation und Entspannung in Europa und weltweit.
Das wäre ein Beitrag zu Frieden und Sicherheit. Sicherheit entsteht nicht durch das Aufhäufen von immer mehr und immer tödlicheren Waffensystemen, sondern aus der Erkenntnis, dass die entscheidenden Probleme unserer Zeit nur mit internationaler Kooperation gelöst werden können.
Die Militärpotenziale der Industriestaaten, inklusive der mörderischen Atomwaffen, reichen schon heute aus, um die Menschheit mehrfach auszulöschen. Die Erfahrungen der letzten 25 Jahre haben gezeigt, dass auch die Bundeswehreinsätze im Ausland die Welt nicht sicherer gemacht haben, jedenfalls nicht für die Milliarden Menschen, die nicht am globalen Rüstungsgeschäft verdienen.
Alle 14 Minuten stirbt ein Mensch auf dieser Welt durch Waffen aus deutscher Produktion. Rheinmetall stoppen, heißt also Leben retten!
2 Antworten
08.5.2018 – Blockade an Fabrik von Rheinmetall in Unterlüß zur Jahreshauptversammlung
Anlässlich der Jahreshauptversammlung von Rheinmetall haben Aktivist*innen des Bündnisses SIGMAR heute, am 08.Mai die Waffen- und Munitionsfabrik der Firma in Unterlüß blockiert. SIGMAR ist die Gruppe „Solidarische Interventionen Gegen Menschenrechtswidrige Angriffskriege und Rüstungsexporte“. In den frühen Morgenstunden bauten die Aktivist*innen ein Tripod (fünf Meter hohes Stativ aus Metallstangen) auf, auf das zwei Aktivist*innen kletterten. Dadurch wurde die einzige Zugangsstraße zum Hauptwerkstor versperrt. Auf Transparenten forderten die Aktivist*innen „Rheinmetall blockieren! Solidarität mit Afrin!“ und „Waffenexporte stoppen!“
„Die Aktion ist Teil einer breiten Welle von Protesten und Widerstand gegen den deutschen Waffenhersteller“ informiert Mala G., 28, Aktivistin der Gruppe SIGMAR. Neu entzündet hat sich diese Widerstandsbewegung an Rheinmetalls Unterstützung des türkischen Angriffskriegs auf das kurdische Efrîn im Januar 2018. „Panzer ‚made in Germany‘ haben den Weg für die Zerstörung und Besatzung von Efrîn geebnet. Während in Berlin die Aktionar*innen der Firma die deutlich gestiegene Dividende feiern, protestieren wir hier gegen die menschenverachtende Firmenpolitik von
Rheinmetall. Die Firma ist für das Leid der Bevölkerung in Afrin mit verantwortlich!“ ergänzt die Aktivistin. Schon am Vortag wurde unter dem Motto „Rheinmetall raus! in Berlin gegen die Firma demonstriert. Auch während der heutigen Hauptversammlung wird mit Protest gerechnet.
„Diese jüngsten Entwicklungen sind keine Spritzer auf einer weißen Weste, sondern trauriger Alltag in der deutschen Waffenindustrie. Das
Geschäftsmodell vom Rheinmetall und anderen deutschen Waffenhersteller beruht darauf von Kriegen und der Unterdrückung von Menschen weltweit zu
profitieren. Es kann keine guten Waffenexporte geben!“ erklärt Aktivist Manfred L., 45.
Trotz der deutlich zu lapidaren Genehmigungspoltitk der BRD setzt Rheinmetall in den letzten Jahren verstärkt auf Internationalisierung um rechtsstaatliche Kontrolle weitestgehend zu umgehen. Über Tochterfirmen beteiligt sich die Aktiengesellschaft an Waffenfabriken in Ländern wie Südafrika. Mit dem geplanten Bau einer Panzerfabrik in der Türkei wird Rheinmetall nun sogar seine Beteiligung am Angriff gegen die kurdische Bevölkerung ausbauen. Auch nach Saudi-Arabien pflegt Rheinmetall enge Geschäftsbeziehungen – mit der Folge, dass die Waffen der deutschen
Firma täglich Menschen im Jemen töten.
Rheinmetall ermöglicht aber nicht nur heutige Kriegsverbrechen sondern verfälscht und beschönigt auch die Verbrechen, die das Unternehmen im ersten und zweiten Weltkrieg begangen hat. „Am heutigen 08. Mai, dem Tag der Befreiung vom Faschismus wollen wir daran erinnern, dass deutsche Firmen, die schon in der Nazizeit gute Geschäfte machten, immer noch an der Unterstützung faschistischer Regime verdienen. Wir rufen zum Widerstand gegen die deutsche Rüstungsindustrie auf – sei es durch
restriktivere Exportgesetze, Streiks oder direkte Aktionen wie diese Blockade.“ sagte Aktivist*in Luca Z, 24.
Das Bündnis SIGMAR solidarisiert sich mit den Menschen in Afrin, den Leidtragenden von Waffenexporten weltweit und den Gruppen und Initiativen, deren Kampf gegen die Verbrechen der deutschen Rüstungsindustrie und Außenpolitik immer stärker von staatlicher Repression unterdrückt wird!
Wer glaubt denn es gäbe keine Kriege mehr wenn es keine Kriegswaffenproduktion bei Rheinmetall mehr gäbe? Das ist dochh völlich hirnrißig. Die Produktion von Rheinmetall ist doch nur ein verschwindend kleiner Teil der weltweiten Waffenproduktion. Die wirklich großen Produzenten sind doch die USA, Rußland und China. Welches Leben würde denn gerettet wenn die Türkei, nur um beim Beispie zu bleiben, amerikanische Panzer einsetzen würde? Die Türkei ist ein Tarifpartner und würde auf jeden Fall bewaffnet. Der Schaden wäre größer wenn die Türkei aus der Nato austräte. Die ganze Debatte ist doch scheinheilig.