Die CIA und der Überfall auf die nordkoreanische Botschaft in Madrid

Bei einem Überfall auf die nordkoreanische Botschaft in Madrid wurden am 22. Februar mehrere Menschen als Geiseln genommen und schwer verletzt. Es wurden gezielt Informationen des nordkoreanischen Chefunterhändlers in den Atomverhandlungen abgegriffen. Mindestens zwei der Angreifer stehen in Verbindung mit der CIA.

Ermittler der spanischen Polizei und des spanischen Geheimdienstes CNI brachten den jüngsten Angriff auf die nordkoreanische Botschaft in Madrid mit dem US-amerikanischen Geheimdienst CIA in Verbindung.

Spurensuche in einem Agententhriller wie aus der Feder Hollywoods.

Das Verbrechen

Am 22. Februar drangen gegen 15 Uhr zehn maskierte Männer mit Fake-Waffen in die nordkoreanische Botschaft im Madrider Stadtteil Aravaca ein. Die acht Personen im Gebäude – Botschaftsangestellte und Gäste – wurden gefesselt und geknebelt. Ihnen wurden Säcke über den Kopf gestülpt, berichten Quellen, die mit den Details der Untersuchungen vertraut sind, gegenüber der spanischen Zeitung El País, die Ende Februar erstmals über die Story berichtete.

Die Gefangenen wurden über zwei Stunden als Geiseln gehalten und verhört, verprügelt und ins Gesicht geschlagen. Mehrere von ihnen mussten später von Rettungskräften vor Ort, zwei von ihnen im Krankenhaus behandelt werden. Mindestens drei Personen erlitten „Blutergüsse durch schwere Schläge“. Auch Feuerwaffen aus dem Botschaftsarsenal sollen von den Angreifern zur Einschüchterung eingesetzt worden sein.

Eine Frau konnte aus dem Fenster fliehen, rannte mit blutüberströmtem Kopf in ein nahegelgenes Altersheim und alarmierte die Polizei, die Minuten später zwar eintraf, an der Tür jedoch abgewiesen wurde und verschwand. Kurz darauf flohen die zehn Angreifer in zwei aus der Botschaft gestohlenen Limousinen, die später verlassen aufgefunden wurden.

Der Ort des Verbrechens, die nordkoreanische Botschaft in Madrid. Quelle: Google Street View.

Die Zielperson

Die Angreifer stahlen gezielt mehrere Computer, Handys, Daten und Dokumente. In den Verhören fragten sie immer wieder nach einem Mann: Kim Hyok Chol.

Der ehemalige Botschafter Nordkoreas wurde im September 2017 vom damaligen spanischen Außenminister Alfonso Dastis zur persona non grata erklärt und als Strafmaßnahme des Landes verwiesen, da die Atomtests Nordkoreas zu jener Zeit gegen UN-Resolutionen verstießen.

Kim Hyok Chol gilt als enger Vertrauter des nordkoreanischen Staatsoberhaupts Kim Jong-un. Er ist der Chefunterhändler Nordkoreas in den Atomverhandlungen mit den USA und gilt in dieser Funktion als Architekt des jüngsten Vietnam-Gipfels zwischen Kim und US-Präsident Trump, der von Seiten der USA vorzeitig abgebrochen wurde und ergebnislos blieb.

Kim Hyok Chol wird als hochintelligenter Stratege und Theoretiker beschrieben, der ebenso federführend an der Ausarbeitung der nordkoreanischen Nuklearstrategie beteiligt war wie an der Erklärung des historischen innerkoreanischen Gipfeltreffens zwischen Kim Jong-un und Moon Jae-in im September 2018. Ein abtrünniger nordkoreanischer Diplomat beschreibt ihn als Hardliner, als „Experte nuklearer Abschreckung, nicht nuklearer Abrüstung.“

Ein diplomatisches und militärstrategisches Schwergewicht – und damit ein Traumtarget feindlicher Geheimdienste.

Die Zielperson des Überfalls, Kim Hyok Chol, war federführend an der Ausarbeitung der Erklärung des historischen innerkoreanischen Gipfeltreffens zwischen Kim Jong-un und Moon Jae-in im September 2018 beteiligt. By Ministry of Unification (Republic of Korea), Wikimedia Commons, licensed under KOGL Type 1.

Ein Angriff der CIA?

Aufgrund der Personalie Kim Hyok Chol gingen spanische Ermittler daher von Beginn an von „politischer Spionage“ aus und untersuchten den Angriff auf die Botschaft akribisch. Am Mittwoch berichtete die spanische El País schließlich, dass zwei der zehn Angreifer identifiziert werden konnten – beide haben Verbindungen zur CIA.

Die anderen acht konnten (noch) nicht identifiziert werden; unter den Identifizierten also eine 100-prozentige CIA-Quote.

Der spanische Geheimdienst National Intelligence Center (CNI) spricht von einer „perfekt geplanten Operation“, ausgeführt von einer „militärischen Zelle“, während die CIA, wie zu erwarten, eine Verwicklung in die Angriffe vehement abstreitet – „wenig überzeugend“ meint die spanische Regierung dazu.

Der Spiegel berichtet unter Berufung auf die spanische „El Confidencial“, laut anonymen Quellen „werde die Möglichkeit wahrscheinlicher, dass die Geheimdienste der USA die Aktion geplant haben, wahrscheinlich in Zusammenarbeit mit anderen Geheimdiensten oder anderen Partnern.“

Sollte sich dieser Verdacht erhärten – und alles deutet in diese Richtung –, ergeben sich Konsequenzen auf drei Ebenen.

Erstens könnten die CIA-Agenten für ihre Verbrechen juristisch belangt werden: Einbruch, Geiselnahme, schwerer Raub, schwere Körperverletzung.

Zweitens könnte es zu einem schweren Zerwürfnis zwischen Washington und Madrid führen, da ohne Kenntnisnahme der spanischen Regierung auf spanischem Boden eine Geheimdienstoperation gegen einen Drittstaat durchgeführt wurde, was internationale diplomatische Konventionen verletzt.

Drittens könnten die ohnehin stockenden Atomverhandlungen zwischen den USA und Nordkorea auf Eis gelegt oder gänzlich begraben werden. Rhetorisches und ökonomisches Säbelrasseln ist seit jüngstem ohnehin bereits wieder auf dem Vormarsch, die Beziehungen beider Länder stehen auf tönernsten Füßen.

Der Botschaftsangriff von Madrid ist ein handfester Skandal. Erneut bedarf es nun des diplomatischen Geschicks des südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in, der in der Vergangenheit wiederholt das von der Trump-Administration angerichtete Chaos bereinigen musste und abseits der Weltpresse – und im Gegensatz zu Trump, der bis auf PR-wirksame Fotoshootings für die Geschichtsbücher nichts erreicht hat – tatsächlich am Frieden auf der Koreanischen Halbinsel arbeitet.

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