Österreichs Faschismus – Versagen der Linken

Letzte Woche veröffentlichten wir einen Beitrag, der sich mit der österreichischen Revolution und ihrem Scheitern auseinandersetzte, heute folgt ein Beitrag zur Übernahme des Landes durch die Faschisten, der durch eine zögernde Sozialdemokratie ermöglicht wurde.

In der Stadt Bruck an der Mur gelang es dem Anführer, dem sozialdemokratischen Parteifunktionär Koloman Wallisch, auch am 12. Februar 1934 was in anderen Städten misslang, die Heimwehren zu entwaffnen und die Stadt abermals zu übernehmen. Erst als das Bundesheer mit Haubitzen anrückte, fiel die Stadt, Wallisch wurde gefangen genommen und von einem Standgericht zu Tode verurteilt. Bertolt Brecht schrieb über den großen Arbeiterführer: „Im Februar 34, der Menschlichkeit zum Hohn, hängten sie den Kämpfer gegen Hunger und Fron, Koloman Wallisch, Zimmermannsohn.“

Der Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 1929 beschleunigt die Ereignisse. Der steirische Heimwehrführer Walter Pfrimer wollte bereits 1931 die Entscheidung gegen die Arbeiter_innen erzwingen und mobilisierte zum Putsch für einen autoritären Ständestaat. Noch aus Angst vor einem offenen Bürgerkrieg schickte die Regierung das Bundesheer gegen die Putschisten. Aber schon 1933 ließ die Regierung unter Engelbert Dollfuß das Parlament mit Waffengewalt auflösen und verhängte ein Verbot über die Kommunistische Partei und den Republikanischen Schutzbund, die paramilitärische Organisation der SDAP.

Verhängnisvolles Zögern der Führer

In der Sozialdemokratie wurden seit der Julirevolte 1927 die Rufe lauter, dem bevorstehenden Bürgerkrieg nicht tatenlos zuzusehen. Der linke Flügel in der Partei, die „Sozialistische Jungfront“, brachte sich gegen die zunehmend passive Parteiführung in Stellung. „Es genügt nicht zu sagen, die Demokratie habe versagt“, kritisierte Käthe Leichter die Parteiautorität Otto Bauer. „Es ist unsere Aufgabe als Arbeiterklasse revolutionäre Machtmittel anzuwenden.“

1933 war die Führung bereits gelähmt. Oskar Helmer, der später als Innenminister an der Rehabilitation österreichischer Nazis maßgeblichen Anteil haben sollte, forderte angesichts des Bürgerkriegs „schonungslose Selbsterkenntnis“ und meinte, man „müsste den Massen mit hundertprozentiger Ehrlichkeit“ erklären, „dass wir demokratische Sozialisten einfach keine Revolutionäre sind.“

Die Ungeduld wurde größer. Der oberösterreichische Arbeiterführer Richard Bernaschek, dessen Schutzbündler im Linzer Hotel Schiff am 12. Februar 1934 das Feuer auf die Polizei eröffneten, appellierte an Otto Bauer, ob er denn nicht sehen könnte, „dass das Vertrauen der Massen mit jedem Zurückweichen vor den Faschisten abnimmt“. Bauer drängte hingegen am Parteitag im Oktober 1933 auf einen „Kompromiss“, der von unmittelbaren Vorbereitungen auf den Bürgerkrieg mittels Generalstreik und Bewaffnung des Schutzbundes absah. Stattdessen beschwichtigte er die Linksopposition, eine Spaltung der Partei zu vermeiden.

Ein bedeutender Führer der Linksopposition, Ernst Fischer, gab später zu, man hätte dem nicht zustimmen dürfen. „Wahrscheinlich hätten sich die Linken auf dem Parteitag durch eine klarere Abstimmung in der Sozialdemokratie vorübergehend isoliert“, meinte Fischer, „aber wenige Wochen später wäre die revolutionäre Bewegung in der Sozialdemokratie stärker gewesen als je zuvor.“

Eine vergessene Geschichte

Schutzbundkompanien sammelten sich am 12. Februar an vereinbarten Treffpunkten, aber man verweigerte die Herausgabe der dringend benötigten Waffen. In Favoriten ohrfeigten völlig verzweifelte Schutzbündler einen ihrer Führer, weil er verlangte, ein besetztes Arbeiterheim kampflos der Polizei zu übergeben. „Das war der einzige schöne Augenblick, den unsere Kompanie während des ganzen Februarkampfes erlebte“, erinnerte sich später Mitkämpfer Friedl Schorsch.

Nachdem die Sozialdemokratie schließlich in den blutigen Kämpfen zerschlagen wurde, formierten sich die Kämpfer_innen der Linksopposition, die den erbittertsten Widerstand organisiert hatten, in der Illegalität neu. Sie führten die Sozialdemokratie im Untergrund unter dem Namen „Revolutionären Sozialisten“ (RS). Joseph Buttinger und viele andere Größen gerieten in Vergessenheit, nicht zuletzt, weil es die Alliierten und österreichische Politiker_innen nach dem Weltkrieg vorzogen, ehemaligen Kriegsverbrechern, anstatt revolutionären Sozialist_innen, die Rückkehr nach Österreich zu ermöglichen.

Der Bürgerkrieg 1934 ist das Ergebnis der verlorenen Revolution 1918. Er wäre nicht durch „geschicktere Verhandlungen“ vermeidbar gewesen – er wurde der Sozialdemokratie aufgezwungen. „Was sich am 12. Februar in Österreich entfaltete“, schrieb der Historiker Charles Gulick, „war die dramatischste Episode in einer faschistischen Gegenrevolution, die Jahre hindurch geplant worden war.“

Die Arbeiter_innenbewegung hatte eine schlechte Führung, die alles tat, um einen Bürgerkrieg zu vermeiden, der ihr aber von den Christlichsozialen erklärt wurde. Alles was die Führung erreichte, war die Arbeiter_innen zu entwaffnen und beinahe hilflos dem Feind auszuliefern. In Erinnerung bleiben uns die Kämpfer_innen, die in einem letzten Aufbäumen für die Demokratie ihr Leben aufs Spiel setzten und so teuer dafür bezahlten.

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Eine Antwort

  1. Zeugenaussage des Darlehensangebotes

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    neuer es ist planiert von einfachem und sehr verständnisvollem Herzen. Hier sind
    elektronische Post: visentinpaola96@gmail.com

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