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Krieg gegen den Jemen- Vier Jahre Bruch des Völkerrechts und Deutschlands Beitrag

Obwohl gegen den Jemen seit nunmehr vier Jahren im Schatten internationaler Konflikte ein völkerrechtswidriger Krieg geführt wird, ist immer noch keine Lösung für die dortige Bevölkerung in Sicht.

Das Resultat dieser brutalen Militärintervention unter Führung Saudi-Arabiens, die von Anfang an vor allem zum Ziel hatte, die wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen Riads und seiner westlichen Verbündeten abzusichern: die laut Vereinten Nationen größte humanitäre Katastrophe unserer Zeit, über 57.000 allein durch Kampfhandlungen Getötete und weitere unzählige Menschenleben, die der von Saudi-Arabien verhängten See-, Land- und Luftblockade zum Opfer gefallen sind. Mehr als 85 000 Kinder unter 5 Jahren sind bereits verhungert. Mehrere Millionen Menschen sind im eigenen Land vertrieben, dreiviertel der Bevölkerung benötigen humanitäre Hilfe. Im September 2016 begann mit ersten Erkrankungen das, was sich zur größten weltweit jemals erfassten Cholera-Epidemie auswachsen sollte. Die Infrastruktur des Jemen ist fast gänzlich zum Erliegen gekommen und die Vollblockade des Landes Hauptursache für die fatale Situation: bereits vor Beginn des Krieges mussten 90 Prozent der benötigten Nahrungsmittel importiert werden – genau wie Medikamente, medizinisches Gerät und Treibstoff. Durch die Kriegspolitik Riads ist dies kaum noch möglich. Für Saudi-Arabien und seine Verbündeten spielen das Völkerrecht und Menschenrechte keine Rolle, das Selbstbestimmungsrecht der Jemenitinnen und Jemeniten soll nach dem Willen Riads im Keim erstickt werden, damit man selbst wieder im Nachbarland schalten und walten kann.

Geostrategische Interessen

Die Militärkoalition wird von den USA, Großbritannien und Frankreich aktiv unterstützt. Dies geschieht in Form von logistischer Hilfe, etwa dem Betanken von Kriegsflugzeugen oder der Weitergabe geheimdienstlicher Erkenntnisse. Darüber hinaus wurden aber auch Spezialkräfte in den Jemen entsandt, die westlichen Industrienationen sind in Folge umfangreicher Rüstungsexporte an die Mitglieder der Militärallianz für diesen Krieg mitverantwortlich. Den die Militärkoalition unterstützenden Regierungen geht es vor allem um die Kontrolle der Bab al-Mandab-Meerenge, die das Rote Meer und den Golf von Aden miteinander verbindet und über die ein beträchtlicher Teil des weltweiten Transports an Rohstoffen, insbesondere Erdöl, erfolgt. Sie wäre zudem die einzige Ausweichmöglichkeit, sollte der Iran die Straße von Hormus schließen. Der Jemenkrieg ist ein Paradebeispiel dafür, wie Profitgier die Internationale Politik bestimmt. Die Interessen der Menschen im Jemen sind irrelevant.

Irrelevant ist auch die Einheit des Jemen. So bemühen sich Saudi-Arabien und seine Verbündeten seit geraumer Zeit um eine Spaltung des Landes in einen Nord- und einen Südteil. Weil nennenswerte militärische Erfolge gegen die Ansarollah („Huthis“), deren Einflussgebiet vor allem im Nordteil des Jemen mit seiner Hauptstadt Sanaa liegt, ausbleiben, nutzt die Kriegsallianz zunehmend die von ihr zuvor herbeigeführte humanitäre Katastrophe aus, um im Süden des Landes Fuß zu fassen. Besonders aktiv ist hier die Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate, die im Süden bereits komplette Regierungsstrukturen aufgebaut hat und eine Abspaltung dieser Gebiete anstrebt.

Deutsche Bundesregierung als Erfüllungsgehilfin

Es waren nicht die unzähligen Opfer des Jemenkrieges, die die Bundesregierung zum Handeln brachten. Erst die bestialische Ermordung des saudischen JournalistenJamal Khashoggi zog einen vorläufigen Rüstungsexportstopp nach Saudi-Arabien nach sich. Es war der massive Imageverlust Riads und des saudischen Kronprinzen Muhammad bin Salman, der aller Wahrscheinlichkeit nach selbst in die Beauftragung des Mordes involviert war, der Berlin zum Handeln zwang. Kaum jemand aber geht davon aus, dass das seit einigen Monaten immer wieder verlängerte Moratorium von Dauer sein wird. Viel zu lukrativ sind Waffengeschäfte mit den Golfstaaten und zudem gelangen deutsche Rüstungsgüter längst über Umwege dorthin. Auch Tochterfirmen deutscher Rüstungskonzerne im Ausland wie z.B. in Italien oder Südafrika liefern weiterhin Waffen. Über Jahre hat die Bundesregierung die saudische Diktatur als „Stabilitätsanker“ in der Region bezeichnet – wohl wissentlich, dass Riad als einer der Hauptfinanziers des internationalen Terrorismus weder im eigenen Land noch in seiner Außenpolitik das Völkerrecht achtet und die Menschenrechte wahrt. Der Angriff gegen den Jemen wurde ausgerechnet in dem Jahr vom Zaun getreten, in dem das Atomabkommen mit Iran, dem Erzfeind der saudischen Regierung, unterzeichnet wurde. Außerdem gewann in diesem Jahr die syrische Armee gegenüber den von Riad finanzierten Terrorbanden in Syrien die Oberhand und der zukünftige Kronprinz und Verteidigungsminister des Landes, Muhammad bin Salman, begann, seinen Einfluss auszubauen und die saudische Außenpolitik deutlich offensiver zu gestalten. Hier zeigt sich wie doppelzüngig die Außenpolitik dieser Bundesregierung ist.

Allein in den letzten zehn Jahren haben deutsche Bundesregierungen Waffen und Kriegsgerät im Wert von fast 3,5 Milliarden Euro an die saudische Diktatur exportiert. Darunter Kampfflugzeuge, Hubschrauber, Munition und Patrouillenboote. Maschinengewehre der Firma Heckler & Koch sind ebenfalls im Einsatz gegen die jemenitische Zivilbevölkerung. Dank der Genehmigung deutscher Bundesregierungen werden diese Waffen mittlerweile in Riad in Lizenz produziert. Auch andere Mitglieder der Kriegsallianz gegen den Jemen wurden großzügig mit Waffen beliefert. Allein im Jahr 2017 erhielten sie aus Deutschland Kriegsgerät im Wert von 1,3 Milliarden Euro. Der Hauptanteil entfiel mit 922 Millionen Euro auf die Diktaturen in Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Gerade erst hat das Rechercheprojekt „German Arms“ unter Beteiligung der Deutschen Welle, des Magazins Stern und Report München ihr Rechercheergebnis bekanntgegeben, nach dem Produkte deutscher Rüstungsunternehmen im Jemen-Krieg eine weit größere Rolle spielen als bislang bekannt. Explizit nennen sie auch in Deutschland gebaute Kriegsschiffe und mit deutschen Bauteilen versehene Kampfflugzeuge, die zur Blockade Jemens und damit zur Verschlimmerung der humanitären Katastrophe eingesetzt werden könnten.

Unehrliche Waffenruhe

Es waren ebenfalls erst der Mord an dem saudischen Journalisten Khashoggi und die weltweite Empörung darüber, die zu einem Erfolg der Bemühungen um eine Waffenruhe im Jemen seitens der UNO führten. Bis dahin torpedierte die saudische Herrscherfamilie jegliche Bemühungen um Friedensgespräche und reagierte auf Forderungen nach solchen mit neuen und intensivierten Angriffen im Jemen. Auch die jetzt geltende Waffenruhe scheint eher taktischer Natur und nicht von Dauer zu sein. Es ist eine Atempause für die Kriegsallianz, während der dennoch immer wieder Kampfhandlungen stattfinden und der Aufbau von eigenen Strukturen im Süden des Landes verstärkt wurde. Hier unterstützen vor allem die Vereinigten Arabischen Emirate großzügig separatistische Gruppen inklusive islamistischer Terrorgruppen wie die Al Kaida. Man bereitet mit der Abspaltung des Südjemen den nächsten Völkerrechtsbruch vor.

Selbstbestimmungsrecht verteidigen

Vor mehr als vier Jahren entledigten sich die Jemenitinnen und Jemeniten einer durch Saudi-Arabien aufrechterhaltenen und über 30 Jahre andauernden korrupten Machtelite im eigenen Land. Die Hoffnungen, endlich die Geschicke des Landes in eigene Hände nehmen zu können, der Korruption ein Ende zu setzen und gerechtere Verhältnisse herzustellen, wurden im Bombenhagel begraben.

Seit nunmehr vier Jahren dauert der Widerstand der Mehrheit der Jemenitinnen und Jemeniten an. Sie verteidigen ihr Recht auf Selbstbestimmung. Sie leisten Widerstand gegen einen eklatanten Bruch des Völkerrechts und gegen einen scheinbar übermächtigen Gegner.

Ihr Widerstand ist nicht nur legitim, sondern auch unterstützenswert. Dieser Widerstand führt uns zugleich vor Augen, welche Rolle unsere Regierungen in dieser menschengemachten Katastrophe spielen. Auch deshalb gilt es, den Druck auf die Bundesregierung nicht nur aufrecht zu erhalten, sondern zu erhöhen.


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