Foto: Hubertus Zdebel

Entweder Kapitalismus oder Klimaschutz

Ohne einen grundlegenden Wandel der Wirtschaftsweise ist das Klima nicht zu retten, argumentiert die kanadische Aktivistin und Autorin Naomi Klein in ihrem Buch „Die Entscheidung. Kapitalismus vs. Klima“ Von Hubertus Zdebel

Naomi Klein ist es gelungen, einen systemkritischen Beitrag zur Klimadebatte in der breiten Öffentlichkeit zu platzieren. Ihr neuestes Werk fand Beachtung in den großen deutschen Tageszeitungen, in Rundfunk und Fernsehen. Für einen Einstieg in den Klimadiskurs bietet die Lektüre detailreiche Fakten über die Folgen des menschengemachten Klimawandels sowie über seine Verursachung durch die massive Rohstoffausbeutung im Zuge kapitalistischen Wirtschaftens. Klein enthüllt den immensen Einfluss und Lobbyismus der Fossilindustrie und zeigt die weitreichenden Verstrickungen auf, die zwischen staatlichen Behörden und den Energie- und Rohstoffkonzernen herrschen. Darüber hinaus weist sie anhand vieler statistischer Belege nach, dass marktorientierte Instrumente, wie etwa der weltweite Emissionshandel, als Beiträge zum Klimaschutz allesamt sang- und klanglos gescheitert sind. Kleins Buch liefert damit insgesamt eine Abrechnung mit dem neoliberalen Dogma der freien Märkte.

Zugleich richtet sich ihr Buch gegen die Idee eines „Grünen Kapitalismus“, der zufolge der Klimawandel durch Marktmechanismen gestoppt werden könne und sich an der herrschenden Wirtschaftsordnung mitsamt ihrem Expansionsdrang nichts grundlegend ändern müsse. Klein schlussfolgert dagegen, dass es „radikale[r] Veränderungen auf gesellschaftlicher ebenso wie auf politischer, wirtschaftlicher und kultureller Ebene“ bedarf. Großen Raum in ihrer Betrachtung nehmen daher die weltweit stattfindenden Klimakämpfe mit ihren kreativen Formen des zivilen Ungehorsams ein, die in den letzten Jahren, auch angesichts des Booms von Fracking und Teersandförderung, stark zugenommen haben. Das Verdienst von Kleins Streitschrift liegt darin, die überaus engagierte und stärker werdende Klimabewegung umfassend zu würdigen und anschaulich zu machen, dass die Klimafrage im Wesentlichen eine soziale Frage ist.

Deshalb ist für ein umfassendes Verständnis des Klimawandels, wie Klein ganz richtig feststellt, das Verhältnis von Besitzenden und Nicht-Besitzenden in den Blick zu nehmen. Dieser entscheidende Aspekt wird in der öffentlichen Debatte und insbesondere von der herrschenden Politik noch viel zu häufig ausgeblendet. Klein widmet sich der sozialen Frage in Form einer Kritik des Neoliberalismus. Sie zeigt, welche zerstörerischen Auswirkungen die Deregulierungen, Privatisierungen und das Zurückdrängen des öffentlichen Sektors in den letzten Jahrzehnten nicht nur auf die Lebensstandards der Menschen, sondern auch auf das Klima hatten. Die sich gegen Mensch und Natur gleichgültig zeigende rücksichtslose Rohstoffausbeutung hat sich durch die Ausweitung der Märkte weltweit massiv verschärft.

Anders als Naomi Klein nahelegt, ist diese Entwicklung aber nicht allein auf die „Exzesse der Superreichen“ und das Wirken einer „größenwahnsinnigen Elite“ zurückzuführen. Damit geht sie der Sache nicht wirklich auf den Grund und erfasst nicht die vom Kapitalismus erzeugten Systemzwänge, die sich auf das Verhalten der Menschen in ganz bestimmter Weise auswirken. Im Vorwort zur ersten Auflage seiner „Kritik der politischen Ökonomie“ betont Karl Marx sehr richtig, nicht „den einzelnen verantwortlich machen“ zu wollen „für Verhältnisse, deren Geschöpf er sozial bleibt, sosehr er sich auch subjektiv über sie erheben mag“. Klein blendet aus, dass die Profitmaximierung zum Kapitalismus dazugehört. Anhäufung von Kapital und nicht etwa die Bedürfnisbefriedigung der Menschen ist der Zweck jeglicher kapitalistischer Produktion. Für eine konsequent antikapitalistische Perspektive hätte Klein zusätzlich das Privateigentum an Produktionsmitteln und die Lohnarbeit ins Visier ihrer Kritik nehmen müssen. Und dennoch bietet Kleins Analyse durchaus Anknüpfungspunkte für eine radikal-linke Politik. Denn vergeblich sind die Auseinandersetzungen um eine stärkere staatliche Regulierung der freien Märkte nicht. Zwar lässt sich der Zweck Profitmaximierung im Kapitalismus nicht ausschalten, aber der öffentliche Sektor unterliegt zumindest nicht in gleicher Weise dem Profitdruck wie die privaten kapitalistischen Unternehmen. Durch eine Rückeroberung und Ausweitung des öffentlichen Sektors, etwa durch Rekommunalisierung und Dezentralisierung der Energieversorgung, wie Klein sie auch fordert, kann die Politik Einfluss nehmen.

Doch die herrschende Politik – und das gilt trotz Energiewende auch für die deutschen Bundesregierungen der letzten Jahre – schöpft die Möglichkeiten staatlicher Regulierung und Steuerung nicht aus, sondern zeigt sich stattdessen weiter stramm marktgläubig. Beispielsweise lässt sich der verzögerte Kohleausstieg in Deutschland nicht durch Sachzwänge rechtfertigen, sondern ist eindeutig durch die Profitinteressen der großen Energiekonzerne zu erklären. Die Antikohleproteste in Garzweiler im vergangenen August haben gezeigt, wie eng verflochten die Staatsmacht und der RWE-Konzern bei der Durchsetzung der Konzerninteressen zusammenarbeiten. Der staatlich durchgesetzte Atomausstieg hingegen hat unter Beweis gestellt, dass sehr wohl eine stärker am Allgemeinwohl orientierte Steuerung der Energiepolitik möglich ist.

Wie Naomi Klein in ihrem Buch aufzeigt, duldet der Klimawandel kein weiteres Hinauszögern des sozial-ökologischen Umbaus. Bereits im Hier und Jetzt, also innerhalb des Kapitalismus, gibt es Spielräume für Veränderungen. Ein wirksamer und nachhaltiger Klimaschutz ist allerdings nur jenseits des Kapitalismus, und zwar auch jenseits seiner staatlich regulierten Form, zu haben.

An dieser Perspektive hapert es zwar, dennoch möchte ich das Buch wärmstens empfehlen, weil Naomi Klein neben wertvollen Fakten auch zahlreiche Argumente und Ansätze für eine antikapitalistisch orientierte Kritik und Praxis der Klimabewegung bietet.

Morgen findet in Recklinghausen die erste Energiefachtagung der Linkspartei NRW statt. Auch Hubertus Zdebel wird dort referieren.

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14 Antworten

    1. Es wird seit 20 Jahren von einer drohenden Klimaerwärmung gesprochen. Seit 15 Jahren wird es auf der Erde KÄLTER. Vielleicht sollten die Klimajünger nochmal ihre Annahmen und Modelle überarbeiten.

      Das Volk soll wieder mal verarscht werden. Neue Steuern drohen… alles natürlich nur für das Klima…

      1. Vielleicht würde es auch einfach helfen, sich ein wenig mit der Materie der Klimatologie auseinander zu setzen. Und zwar wissenschaftlich.
        Dann wüssten Sie nämlich, dass es generell um einen KlimaWANDEL geht. Das heißt nicht, dass es überall wärmer wird! Es gibt Gebiete die im Mittel wärmer werden, es gibt welche die im Mittel kälter werden und es gibt auch welche die im Mittel etwa gleich bleiben werden (je nach Zeitraum natürlich). Das „wärmer“ betrifft vor allem die Nordhemisphere, da hier auch die meisten Landmassen vorhanden sind. Trotzdem differenziert sich diese Entwicklung auch hier nochmals.
        Ihre Annahme, dass man aufgrund einer 15 jährigens Stagnation der Erwärmung etwas über den langfristigen Trend aussagen kann ist geradezu witzig. Alleine für die Angabe des mittleren Klimas an einem Punkt der Erde wird über einen Zeitraum von 30 Jahren gemessen und hier das Mittel genommen.
        Für die Stagnation der letzten Jahre gibt es vielfältige mögliche Ursachen, denn das (globale) Klimasystem ist komplexer als Sie es sich scheinbar vorstellen.
        Ein paar mögliche Ursachen: Vermehrter Aufstieg kalter Wasserströmungen (periodisch auftretend), Zunahme der Aerosole in der Atmosphäre (durch Luftverschmutzung) in Teilen der Welt, welche weniger Sonnenstrahlung hindurch lassen oder auch veränderte Sonnenaktivität. Dies ist nur eine Auswahl.
        Am langfristigen Trend ändert dies aber nichts. Wir befinden uns derzeit zwar in einer Warmzeit, jedoch sind die Ausmaße der Erwärmung die seit etwa 150 Jahren zu verzeichnen sind, nicht durch natürliche Schwankungen, sondern nur durch einen menschlichen Treibhauseffekt zu erklären. Dies ist der sogenannte anthropogene Anteil des Klimawandels. Zur Veranschaulichung: Bei den (geologisch gesehen) jungen Verhältnissen unserer Zeit steigt die Durchschnittstemperatur nach einer Eiszeit um etwa 1 Kelvin (1°C) in 1000 Jahren an. In etwa derselbe Anstieg (0,8 Kelvin) fand zuletzt jedoch in nur 100 Jahren statt.

        Fazit: Das Volk soll nicht verarscht werden, sondern Sie verarschen sich hier selbst (und machen sich nebenbei noch lächerlich).

  1. Hallo Freiheitsliebe,

    ich bitte Euch um eine Mitteilung, ob Ihr meinen Kommentar wegzensiert habt, oder die Moderation viel Zeit in Anspruch nimmt.

    Ihr müsst nicht alles verifizieren, was ich schreibe, lasst bitte die Leser entscheiden.

    Wenn Ihr die Freiheit liebt, dann liebt Ihr die freie Meinungsäußerung und handelt danach.

    Gruß
    e.g.

    1. Ich habe mir gerade alle Kommentare angesehen, es gibt keine von dir die zurückgehalten werden. Sicher, das es sich dabei nicht um einen technischen Fehler handelt? Trotzdem: Kommentare werden weiter freigeschaltet, weil zunehmend Volksverhetzende und rassistische Kommentare veröffentlicht werden, die nichts mit Meinungsfreiheit zu tun haben.

      1. Jemand hatte mir bereits mitgeteilt, dass Kommentare mit LInks erstmal ausgefiltert werden, weil sie für Spam gehalten werden. Meine Kommentare enthielten viele Links, da ich auf umfangreichere Einzelerläuterungen verweise. Das Thema Geoengineering, alias Klimawandel, ist sehr umfangreich.

        Dennoch bisher sind diese Kommentare nicht hier zu sehen.

        Was ist erkläre ist diametral das Gegenteil von dem was in diesem Artikel repetiert wird, aber gegensätzliche Meinungen zu präsentieren ist eine Ausdruck von Freiheit.

        Ich hoffe, dass ihr dafür hier seid und nicht für Zensur jeglicher Art.

      2. Ich finde es sehr merkwürdig, dass gerade Organisationen und Publikationen, die sich besonders „anti-kapitalistisch“, „links“, „sozial“, „sozialistisch“, „kommunistisch“, „aufgeklärt“, „umweltbewußt“, „natürschützerisch“ gebärden besorders leicht auf die Propaganda der Geoengineering Mafia reinfallen.

        Wer nicht wirklich Ahnung von der Materie hat, wird leicht zum Opfer der Propaganda.
        http://geoarchitektur.blogspot.de/2015/02/lies-of-distraction.html

  2. Was wir hier im Westen erleben hat schon lange nichts mehr mit Kapitalismus zu tun. Wir leben in einer Wirtschaft, die von wenigen Oligarchen dominiert wird. Damit sind wir nahe an der Planwirtschaft der ehemaligen UDSSR. Also ist die Frage wohl eher, wollen wir weiter dieser Planwirtschaft dieser Elite folgen oder einer freien und sozialen Marktwirtschaft, in der dann auch die Natur berücksichtigt wird ?

    Jeder, der die UDSSR-Staaten erlebt hat, weiß, dass das keine Alternative und erst recht keine Chance für die Natur ist.

    1. „Planwirtschaft“ ist doch wohl quatsch.
      Es mag ja durchaus Entwicklungen geben, wo man auf diesen Gedanken kommen könnte. Im Grund haben wir es aber doch mit Monopolen und Oligopolen in einem typischen kapitalistischen System zu tun. Dass der Markt nicht unbedingt „frei“ ist heißt doch nicht, dass es sich um eine Planwirtschaft handelt aber mit Phrasen um sich zu werfen ist natürlich immer toll.

    2. Bitte was? Eine Planwirtschaft zeichnet sich dadurch aus, das es eine zentrale Stelle beim Staat gibt, die die gesamte Wirtschaft steuert. Das gibt es hier nicht. Aktuell haben wir ein kapitalistisches System, das von einigen, wenigen Firmen zu großen Teilen beherrscht wird. Es bleibt trotzdem Kapitalismus. Die demokratische Planwirtschaft ist zudem nochmal etwas anderes.

  3. Hallo,

    ich bitte um eine klare Stellungnahme, warum Ihr die Propaganda von Naomi Klein hier brühwarm präsentiert und meine Kommentare noch immer nicht freischaltet!

    Was ist Euer Problem. Dass Ihr die Aussagen von Frau Klein ungeprüft hier publiziert spricht dafür, dass Ihr von dem Thema ohnehin keine Ahnung habt. Ihr werdet für diese Propaganda nicht einmal bezahlt nehme ich an.

    Also hört auf, meine Kommentare zu blockieren.

    MfG
    e.g.

  4. „Kapitalismus oder Klimaschutz.“ Wo ist der Unterschied?

    „1969 begann US-Präsident Richard Nixon erste Initiativen zur Koordination umweltpolitischer Maßnahmen auf internationaler Ebene. Angedacht war dabei, dies im Rahmen eines dritten zivilen Standbeins der NATO durchzuführen. Das Verteidigungsbündnis brachte neben fachlicher Kapazitäten im Bereich Wetterkunde und Atmosphärenphysik bereits Erfahrung im Bereich der internationalen Forschungskoordination mit und sollte den direkten Zugang auf Regierungsebene garantieren. Nixons Beauftragter Daniel Patrick Moynihan brachte 1969 neben Saurem Regen mit dem (damalige Übersetzung) Gewächshauseffekt zum ersten Mal anthropogene Klimaeinflüsse auf die internationale politische Agenda.“

    Was ist die NATO? Der militärische Arm des Kapitalismus. Also, was ist „Klimaschutz“? Ein Täuschungsmanöver, um rechte Politik von vermeintlich Linken durchsetzen zu lassen, der Hauptgewinn fürs Großkapital.

    1. Sorry, Quellennachweis vergessen:

      Kai F. Hünemörder: Die Frühgeschichte der globalen Umweltkrise und die Formierung der deutschen Umweltpolitik (1950-1973). Franz Steiner Verlag, 2004, ISBN 3-515-08188-7, Wikipedia

  5. die jetzigen nutznießer des systems werden es niemals zulassen, dass irgendwer die bestehenden machtverhältnisse in frage stellt, selbst wenn alles zerstört ist werden sie an den angeblichen „Vorteil“ in ihrem erbärmlichen leben glauben, der mensch ist nicht in der lage, sich einzugestehen, dass er sich sein ganzes leben lang selbst verarscht hat, nur wenn er eine alternative lösung angeboten bekommt, die ihm eine gesichtswahrung garantiert, wird er dieser änderung zustimmen

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