Die verlorene Welt von Morgen

Wir alle haben unsere Kindheits- und Jugendautoren, solche die uns in das ungewisse und aufregende Leben hinein begleiten sollen, die uns die Geister öffnen und zum träumen einladen, solche mit denen wir auf große lange Reisen gehen und hoffen nicht mehr wieder kommen zu müssen.

Wir verlieren uns in ihren Seiten von denen wir die Augen nicht abwenden können und ehrlich gesagt auch nicht wollen. Nachts unter der Decke mit der Taschenlampe nach dem längst Nachtruhe verordnet wurde, lesen wir noch stundenlang gebannt ihre Geschichten bis wir vor Müdigkeit mit dem Buch in den Händen einschlafen. Selten sind diese Autoren zufällig, zumindest waren sie es bei mir nicht. Die Wahl dieser Bücher ist dann meist doch von den Eltern beeinflusst und ich hatte das Glück, dass meine Eltern Physiker waren. Also wuchs ich folgerichtig mit guter, klassischer Science Fiction auf. Solcher die wirklich den Namen verdient. Ich möchte an dieser Stelle keinesfalls die Fans berühmter Space Epopöen vor den Kopf stoßen, sie haben auch ihren eigenen Platz im kulturellen Gedächtnis der Menschheit, nur sind sie eben nicht Wissenschaftliche Fiktion. Denn ebenso wie die Strugatzki Brüder lebte Lem in einer Zeit des großen Aufbruchs. Einer Zeit in der die Welt vor ihrer Auslöschung stand aber auch mitten drin war in den größten Errungenschaften der Menschheit. Es schien als könnte nichts diesen ungezügelten prometheischen Fortschritt aufhalten. Alles war möglich und die Zukunft war zum Greifen nahe! Die sechziger Jahre waren gerade im Ostblock in vielerlei Hinsicht eine Aufregende Zeit. Es veränderte sich die sozialistische Gesellschaft nach der Entstalinisierung, die zugegebenermaßen mehr schlecht als recht vorwärts ging und mal so mal so umgesetzt wurde. Wir brauchen uns nur an den Prager Frühling und ähnliche Entwicklungen in Polen, Ungarn etc. zu erinnern. Ja es war eine Zeit des Umbruchs auch des Technologischen. Denn am zwölften April 1961 hat der erste Mensch, Juri Gagarin, der Menschheit den Weg zu den Sternen eröffnet. Es muss eine spannende Zeit gewesen sein. Eine Zeit in der dem menschlichen Traum keine Grenzen gesetzt schienen. Nur in dieser Zeit konnte eine so reiche und tiefe wissenschaftliche Fiktion entstehen, wie sie Lem und die Strugatzki Brüder schufen. Sie waren meine Jugendliteratur. Mit ihnen begab ich mich auf unglaubliche Abenteuer in die Welt von Morgen, eine Welt die es so nicht mehr gibt.

Lem beispielsweise ist verspielt aber nicht abgehoben, sein Schreiben ist fiktiv jedoch mit der nötigen Dosis akademischem Ernst. Kurz er ist ein Visionär im Realen. Seine Tagebücher des Sternreisenden Tihij (zu Polnisch,der Leise) sind Begegnungen mit dem was an Magie grenzt und doch rational ist. Wir verlieren uns in Multiplitäten der Zeit,erforschen das Wesen des Menschen, konfrontieren uns mit dem Unbekannten und schließlich mit der Weltformel. Auf Solaris rätseln wir unserem eigenen Verstand entgegen und fragen uns ob wir es sind die verrückt werden oder der Held. An Bord des „Unbesiegbaren“erforschen wir einen mysteriösen Planeten im verzweifelten Versuch,das letzte Schiff zu finden das diesen Planeten ansteuerte. Der futurologische Kongress schmuggelt uns in eine Diskussion um die Zukunft der Menschheit in all ihren Facetten. Ständig sind wir auf Achse, erleben die scheinbar fantastischsten Dinge und bleiben doch immer auf einem gewissen wissenschaftlichen Boden. Mit einem Wort es war fantastisch! Es war eine Welt die dazu einlud an eine bessere Zukunft zu glauben. Eine Zukunft die ihre Herausforderungen und Gefahren hatte aber auch eine die aufregend war, eine auf die man sich gefreut hatte. Sie war nicht abgehoben, pompös oder vor Testosteron strotzend. Auch war sie nicht dunkel, ausweglos und individuell. Sie war bodenständig und dennoch cool, voller Licht aber nicht blendend. Es war eine Zukunft die man sich vorstellen konnte und wollte. Denn und das müssen wir uns eingestehen, ist die heutige Sience Fiction entweder das Zeugnis individueller Untergangsängste oder die Flucht in den epileptischen Ramboismus. Lukacs schrieb, dass die Kunst immer die Widerspiegelung objektiver Realität ist. Und ja traurigerweise stimmt es. Das Leben in der heutigen Welt des modernen, neoliberalen Kapitalismus kann nichts anderes hervorbringen als feuchte Männerphantasien und depressive Einzelkämpfer*innen in dystopischen Szenarien.

Ob uns Lem, die Struzatzkis, Simak oder Bredbery retten können vermag ich nicht zusagen, ich weiß es schlicht weg nicht. Was ich aber weiß ist dass sie in der Lage sind uns wieder etwas Hoffnung zu schöpfen auf eine Zukunft in der Wissenschaft über Aberglaube und Dunkelheit siegt,eine Welt in der Raketen zu anderen Planeten fliegen und nicht in unsere Häuser, in der wir nicht von der Erde fliehen müssen weil wir sie unbewohnbar gemacht haben, sondern weil wir aus dem natürlichsten Drang der Neugier neue Horizonte für uns erschließen wollen. Sartre hatte den Menschen aus seiner Misere herausgehoben und ihm gezeigt, dass er selbst frei ist zu wählen welche Zukunft ermacht, was er aus sich selbst macht. Warum also sollten wir nicht auf ihn und die Träumer hören und selbst wieder Träumer werden? Es wäre wohl das Vernünftigste!

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Eine Antwort

  1. Brüssel will die Freiheit im Internet und Datenschutz komplett abschaffen
    EU-Behörden sollen Zugriff auf unsere E-Mails bekommen
    https://dieunbestechlichen.com/2018/10/eu-behoerden-sollen-zugriff-auf-unsere-e-mails-bekommen/
    https://samnytt.se/eu-myndighet-ska-fa-direkt-tillgang-till-dina-mejl-beslut-fran-domstol-behovs-inte/

    Schwedischen Medien zufolge will die Europäische Union ein Gesetz durchsetzen, nachdem alle IT-Dienstleister in den Mitgliedstaaten in dem betreffenden Land ihren gesamten Server-Inhalt – einschließlich Kunden-E-Mails und Web-Verlauf – an alle EU-Behörden weitergeben müssen.

    Unklar (bewusst unklar?) bleibt in den vorbereitenden Dokumenten, ob dieser Zugriff auf die Daten auch ohne vorherige gerichtliche Überprüfung routinemäßig möglich sein wird. In Schweden geht man davon aus, dass dies möglich sein wird. Da eine solche Datenherausgabe auf der Basis einer vorangehenden gerichtlichen Überprüfung und eines richterlichen Beschlusses bereits möglich ist, würde das neue Gesetz auch keinen Sinn machen. In dem Papier heißt es dann auch:

    „Die durch eine Europäische Herausgabeanordnung angeforderten Daten sollten den Behörden direkt zur Verfügung gestellt werden – ohne Mitwirkung der Behörden des Mitgliedstaates, in dem der IT-Diensleister niedergelassen oder vertreten ist.“

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