Podemos: Zwischen Krise und Aufbruch

Ein gelungener Rundumschlag: Wer auf der Suche nach einem Einstieg in die spanische Linke und das Phänomen Podemos ist, wird in Raul Zeliks neuem Buch fündig.

Das Problem an der Faszination für Podemos ist (…) nicht nur, dass im Augenblick völlig unklar ist, wo das neue Projekt hinführen wird«, schreibt der Politikwissenschaftler Raul Zelik einleitend, »sondern auch, dass in der deutschen und europäischen Öffentlichkeit über Spanien überraschend wenig bekannt ist“. Das möchte Zelik ändern: Wenige Monate vor der Parlamentswahl vom Dezember des vergangenen Jahres ist sein neues Buch erschienen. Darin analysiert er unter dem Titel „Mit Podemos zur demokratischen Revolution? Krise und Aufbruch in Spanien“ die Entwicklung der neuen Linkspartei.

Von Franco zur parlamentarischen Demokratie

Vorneweg: Das Werk ist jedem zu empfehlen, der sich einen Überblick über die politische Situation in Spanien verschaffen will. Und auch für all diejenigen, die sich schon besser auskennen, hält es eine differenzierte Analyse der Entwicklungen bereit. Der kleine, 200 Seiten umfassende Band ist überschaubar in fünf Kapitel mit jeweils mehreren Unterkapiteln gegliedert und lässt sich daher sehr gut auch absatzweise lesen.

Chronologisch geordnet widmet sich Zelik im ersten Kapitel den letzten Jahrhunderten spanischer Geschichte. Gerade die „Transición“, also der von oben organisierte Wandel von der Diktatur Francos in eine parlamentarische Demokratie, ist wichtig zum Verständnis der aktuellen politischen Lage. Ohne das Wissen um diesen Prozess wird es schwierig, die linken Unabhängigkeitsbewegungen und die damit verbundene Unterdrückung und Repression von nationalstaatlicher Seite im Baskenland und Katalonien zu begreifen.

Podemos: Anspruch und Wirklichkeit

Anschließend beschreibt der Autor Entstehung und Auswirkungen der Krise sowie die damit einhergehenden neuen sozialen Bewegungen und Proteste. Zelik, der sowohl in der außerparlamentarischen Linken aktiv als auch Mitglied der Partei DIE LINKE ist, bietet einen guten Überblick über die verschiedenen Sichtweisen auf die Bewegung. So problematisiert er deren Kurzlebigkeit und die damit verbundene Notwendigkeit, sich auch mit parlamentarischen Institutionen auseinanderzusetzen. Er schildert die verschiedenen Etappen von Podemos: von der Idee, über die Gründung, bis zum aktuellen, autoritären Führungsstil der Spitze um .

Zelik lässt die Beteiligten auch selbst zu Worte kommen: Im Anhang des Buchs finden sich drei Interviews wichtigen Akteurinnen und Akteuren: Ada Colau, Aktivistin aus der Hausbesetzerbewegung Barcelonas und gegenwärtig Bürgermeisterin der Stadt; Luis Alegre, Mitbegründer von Podemos und Teil der Führung; und Miguel Urbán, ebenfalls Mitbegründer der Partei, der jedoch dem kritischen, linken Flügel zugerechnet wird.

Realismus statt Illusionen

„Ein Wahlsieg hat eben noch nichts mit einer neuen Hegemonie zu tun“, schreibt Zelik. So wird am Ende klar, dass die Frage im Titel eigentlich falsch – oder zumindest verkürzt – gestellt ist. Denn auch wenn Zelik die Aufbruchsstimmung in Spanien mit Podemos als deren sichtbarsten Ausdruck beschreibt, macht er doch andererseits deutlich, dass es zumindest der Partei nicht um eine Revolution geht.

Zelik gelingt es, ein umfassendes Bild zu zeichnen und die komplexe Lage zu verdeutlichen, in der Linke in Spanien für eine Veränderung der Verhältnisse kämpfen. Dabei verreißt er weder Podemos als politisches Projekt, noch gibt er sich hoffnungsvollen Illusionen hin.

Das Buch: Raul Zelik: Mit PODEMOS zur demokratischen Revolution? Krise und Aufbruch in Spanien, Bertz + Fischer, Berlin 2015, 224 Seiten, 9,90 Euro

Der Artikel von Ronda Kipka erschien zunächst auf marx21.de.

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