Essen wehrt sich gegen Zentrale Ausländerbehörde

In Essen soll eine weitere Zentrale Ausländerbehörde für NRW gebaut werden. Die Stadtverwaltung erhofft sich dadurch mehr Angestellte für die städtische Ausländerbehörde und hält die Stadtpolitik aus der Entscheidung heraus. Gegen das unter Rot-Grün geschaffene Instrument zur „Abschiebebeschleunigung“ formiert sich in Essen Widerstand. Wir sprachen mit Hanna und Nico, zwei Aktiven des Bündnisses Essen gegen Abschiebungen.

Die Freiheitsliebe: Was ist eigentlich eine sogenannte Zentrale Ausländerbehörde (ZAB)?

Hanna: Die ZAB ist eine Behörde, die nur dafür da ist, Menschen möglichst schnell loszuwerden. Es steht nicht der geflüchtete Mensch oder seine Geschichte im Mittelpunkt , sondern nur der Pass, die Aktenlage usw. Es geht schlicht darum Abschiebungen zu „beschleunigen“ und „Kosten zu sparen.“ Der Mensch wird zu einer Zahl.

Nico: In Kooperation mit den Ankerzentren, die von Seehofer geplant sind, wird es noch schwerer für die Menschen. Dann werden Geflüchtete komplett von der Zivilgesellschaft ferngehalten und isoliert. Die Ankereinrichtungen internieren sie und die ZAB schiebt sie ab.

Nico von Essen gegen Abschiebungen

Was spricht gegen eine effizientere Abschiebung?

Hanna: Wir sind grundsätzlich gegen Abschiebungen und dafür, dass Menschen leben können, wo sie wollen. Daher sind wir auch gegen jede Einrichtung, die Abschiebungen ermöglicht.

Aber es können doch nicht alle nach Deutschland kommen, oder?

Hanna: Es müssten auch nicht so viele Menschen fliehen, wenn vor allem der Westen nicht den globalen Süden ausbeuten und zerstören würde. Waffenexporte müssen global geächtet werden. Und die Industriestaaten sind maßgeblich für die Klimaerwärmung verantwortlich, die in Zukunft für noch mehr Fluchtbewegungen sorgen wird.

Nico: Deutschland ist so reich, dass es genug Ressourcen für alle gibt. Wir könnten mal zum Beispiel über Hunderttausende Wohnungen sprechen, die als Spekulationsobjekte leer stehen. Es geht doch darum, dass wir uns nicht spalten lassen. Denn die wahren Problemverursacher sind die Superreichen. Schuld an Armut und Kriegen sind nicht Geflüchtete, sondern das kapitalistische System als solches. Ein antirassistischer Kampf muss immer auch antikapitalistisch sein.

Warum soll die ZAB gerade in Essen entstehen?

Nico: Das Land NRW hat Essen ausgesucht, weil die Politik hier, im Gegensatz zu Münster, schnell zustimmen wird. Wir hoffen, dass wir vom Widerstand in Münster lernen können, um die Stadträte unter Druck zu setzen. Denn dort hat man mit Protesten und einem breiten Bündnis die Abschiebebehörde verhindert.

Hanna von Essen gegen Abschiebungen

Und was passiert, wenn ihr die ZAB verhindert? Dann kommt sie einfach wo anders hin. Zum Beispiel nach Mülheim oder Bochum?

Hanna: Egal wo sie entsteht sollten sich Menschen dagegen stark machen und wir werden sie dabei auch unterstützen. Wir haben auch Hilfe aus Münster erhalten, wo der Kampf gegen eine ZAB bereits erfolgreich war. Es gibt in unseren Ruhrgebiets-Städten nicht nur die Wutbürger, sondern auch uns: Gutmenschen.

 

Ihr habt für den 1. Juni um 18 Uhr eine Demonstration angemeldet, was wollt ihr damit erreichen?

 

Nico: Wir wollen das Thema in die breite Öffentlichkeit bringen. Die Demo ist nur ein erster Aufschlag für hoffentlich noch größere Proteste. Im Vorfeld haben wir bereits ein neues Bündnis gegründet, Essen gegen Abschiebungen, in dem sich Menschen aus unterschiedlichen Organisationen engagieren. Wir wollen die Menschen aufklären, wie es bei Abschiebungen zu sich geht.

Kämpft ihr mit oder für die Betroffenen?

Hanna: Natürlich gemeinsam, der Kampf geht nur zusammen. Es werden morgen unter anderem Roma sprechen und es wird kulturelle Beiträge aus verschiedenen migrantischen Communitys geben. Gerade Roma sind massiv von Abschiebungen betroffen, wo sie Rassismus und Ausgrenzung ausgesetzt sind.

Wie wollt ihr die Menschen überzeugen, die gegen Flüchtlinge hetzen und bei denen man das Gefühl hat, sie seien in der Mehrheit?

Nico: Wir wollen Menschen überzeugen, dass nicht die Geflüchteten, die hier herkommen das Problem sind, sondern das System, das spaltet. Die AfD nutzt das Thema seit Jahren schamlos aus, doch wir werden uns das nicht mehr gefallen lassen und in die Offensive gehen. Unsere Alternative heißt Solidarität und ein gemeinsamer Kampf gegen Rassismus und Kapitalismus.

Hanna: Mein Lieblingsspruch dazu ist immer: „Ging es dir besser, als die Geflüchteten noch nicht da waren?“ Die meisten antworten dann ehrlich: „Nein.“ Kommt daher alle am Freitag, den 01. Juni um 18 Uhr nach Essen zum Willy-Brandt-Platz. Die Demonstration wird bunt, kreativ und mit es wird viel gute Musik geben.

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