Fiona Kaiser

Die SPÖ muss sich klar gegen jede Regierung mit der FPÖ stellen – Im Gespräch mit Fiona Kaiser (Sozialistische Jugend Österreich)

Im österreichischen Burgenland gibt es seit wenigen Wochen eine Koalition von der Sozialdemokratie mit der rechtspopulistischen FPÖ. Wir haben mit der stellvertretenden Vorsitzenden der Sozialistischen Jugend, Fiona Kaiser, über den Widerstand gegen diese rechte Regierung, den Bruch sozialdemokratischer Prinzipien und eine linke Alternative gesprochen.
Die Freiheitsliebe: Im Burgenland regieren nun FPÖ und SPÖ miteinander, warum stört dich diese Koalition?

Fiona Kaiser: Aus mehreren Gründen:
Erstens, weil es einen gültigen Beschluss der Bundes SPÖ gibt, dass es keine Koaltionen mit der FPÖ auf jegliche Ebene geben darf.
Zweitens, weil die FPÖ eine extrem rechte, rassistische Partei.
Drittens, weil die SPÖ dem Irrtum aufsitzt, dass sich mit der FPÖ ihre Ziele leichter und besser umsetzen lassen, als z.B. mit der ÖVP. Im Burgenland mag das sogar stimmen, wenn man sich den rechten und hetzerischen Wahlkampf der SPÖ anschaut.
Die Rot-Blau BefürworterInnen in der SPÖ glauben, dass die Ausgrenzung der FPÖ die Ursache ihres Aufstieges ist. Sie sehen nicht, dass die wahre Ursache dafür, warum die ArbeiterInnen die SPÖ nicht mehr wählen, ist, dass die SPÖ keine Politik mehr für und mit den ArbeiterInnen macht.

Die Freiheitsliebe: Ist diese Regierung nicht ein Bruch eines Parteitagsbeschluss? Wären somit nicht auch Konsequenzen möglich?

Fiona Kaiser: Natürlich ist es das. Das was seither passiert ist, ist, dass das Parteipräsidium auf Bundesebene (das kleinste und undemokratischste Gremium) aber einfach den Beschluss des größten und wichtigsten Gremiums (des Bundesparteitages) ausgehebelt hat. Ab jetzt sollen die Länder selbst entscheiden.
Der Bund Sozialdemokratischer FreiheitskämpferInnen hat allerdings bereits die Bundespartei zur Einleitung eines Schiedsgerichtsverfahrens wegen Nichteinhaltung gültiger Parteitagsbeschlüsse aufgefordert, genauso wie der Verband sozialistischer Studierender und die Roten Falken bereits einen Antrag auf Parteiausschluss von Hans Niessl gestellt haben. Diese Forderungen kann ich nur unterstützen.

Die Freiheitsliebe: Wie habt ihr als Sozialistische Jugend auf diese Regierung und die wenigen BefürworterInnen im eigenen Verband reagiert?

Fiona Kaiser: Einzelne Landesorganisationen haben sich schon während dem hetzerischen Wahlkampf der burgenländischen SPÖ vehement gegen diesen Kurs ausgesprochen, die SJ Österreich hat sich dann auch in diese Richtung positioniert. Wir haben gemeinsam mit der Offensive gegen Rechts Burgenland sofort zu einer Demonstration in Eisenstadt aufgerufen und werden auch am 4. Juli wieder in Eisenstadt auf der Straße sein. Der Protest wird nicht nachlassen.
Der ehemalige Landesvorsitzende der SJ Burgenland (er ist mittlerweile von seinem Amt zurück getreten) hat im Landesparteivorstand der Generalvollmacht für Niessl zugestimmt und damit gegen SJ-Beschlüsse und SPÖ Beschlüsse verstoßen. Viele Stimmen in der SJ wollen, dass Kilian Brandstätter ausgeschlossen wird, da er den Verband massiv geschädigt hat. Wir stehen jedes Jahr einen ganzen Monat in ganz Österreich im Zeichen des Antifaschismus auf der Straße, FunktionärInnen wie Brandstätter konterkarieren unsere Grundwerte vollkommen. Bisher kam es allerdings noch zu keinem Ausschluss, weil die Debatte darüber in den Verbandsgremien leider vertagt wurde.

Die Freiheitsliebe: Gibt es längerfristig noch eine Perspektive, dass die SPÖ zu einer kämpferischen sozialen Partei wird oder ist diese Koalition nur die Folge einer längeren Entwicklung, wie es einige KommentatorInnen meinen?

Fiona Kaiser: Als sozialistische Jugend gehören wir zur SPÖ, weil wir sie (historisch) als Partei kennen, die die Interessen der ArbeiterInnenklasse vertritt. Wir wissen, dass sie diesen Pfad, den Klassenstandpunkt, zu weiten Teilen bereits aufgegeben hat. Manche von uns haben die Hoffnung bereits aufgegeben, viele wollen allerdings ein letztes Mal versuchen, den Kurs der SPÖ zu verändern und zu korrigieren. Es gibt zum ersten Mal den Versuch die verbliebenen linken Kräfte in der SPÖ organisatorisch zu bündeln – mit der Themeninitiative Kompass wollen wir gemeinsam mit anderen AkteurInnen versuchen, den Druck auf die Parteiführung zu erhöhen.

Die Freiheitsliebe: Müsstet ihr bei fortlaufender Entwicklung nicht über die Gründung einer linken Partei diskutieren?

Fiona Kaiser: Auf jeden Fall sollten wir darüber diskutieren! Wir wissen aus anderen Ländern, was mit sozialdemokratischen Parteien passiert, wenn sie nicht mehr zurück finden zu ihren Grundwerten, sondern nurmehr neoliberale Sparpolitik mittragen und machtbesessen auf ihren Sesseln kleben – wir reden oft von der „PASOKisierung“ der Partei. Wenn unser letzter Veränderungsversuch scheitert, müssen wir auch die Konsequenzen daraus ziehen.

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