#Lwili – Burkina Faso erhebt sich

Im Westafrikanischen Land Burkina Faso ist die Kacke am Dampfen – Gegner des Militärdiktators Blaise Comparoré stürmten das Parlament, die Büros des nationalen Fernsehsender und weitere Regierungsgebäude und inzwischen wurde eine Ausgangssperre verhängt. Auslöser war eine mögliche Verfassungsänderung, die dem autoritären Herrscher ermöglicht hätte, ein fünftes Mal für das Amt des Präsidenten zu „kandidieren und somit bis zu 15 weitere Jahre an der Macht zu bleiben.“ Im Internet nimmt die Solidarität unter dem Hashtag #Lwili immer mehr zu.

Burkina Faso bedeutet auf deutsch das „Land der aufrechten Menschen“. Für Westeuropa gilt das Land als Stabil – Zwar sind dort zwar Menschenrechte, Meinungsfreiheit und Demokratie Mangelware, dafür aber die Investitionen der europäischen Mächtigen sicher. Zu lange hat das Netzwerk „Francafrique“ die Militärdiktatur gestützt und viel zu Lange waren die westliche Staatengemeinschaft Still und unterstütze dabei sogar den Militärpräsidenten. Niema Movassat, Obmann der Fraktion DIE LINKE im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, drängt zum Handeln: „Ich appelliere eindringlich, insbesondere an die Regierungen Frankreichs und Deutschlands, alle diplomatische Kanäle zu nutzen, das Regime zu einem schnellen Abdanken zu bewegen.“ Es ist nicht verwunderlich, dass viele Staaten zögerlich auf den Aufstand der Menschen Burkina Fasos reagieren – Comparoré ist ein treuer Verbündeter und unterstützte die Interventionen Europas in Mali, der Zentralafrikanischen Republik und weitere Eingriffe in die Souveränität Afrikas.


Proteste vom 28. Oktober

Laut Augenzeugen sind mehrere Hundertausend Menschen in der Hauptstadt des Landes auf die Straße gegangen. Die DemonstrantInnen stehen einer militärischen Übermacht entgegen. Ihr Mut, so Movassat, verdient internationale Anerkennung und Respekt. Leider lehnt der aktuelle Amtsinhaber eine sofortige Niederlegung der Amtsgeschäfte ab. „Ich habe die Botschaft erhalten, ich habe sie verstanden, und ich erkenne den großen Wunsch nach Veränderung“, erklärt Compaoré. Die Macht wird er trotzdem erst dann abgeben, wenn er es für richtig hält. Bisher wurden bei den Protesten mehr als 40 Menschen getötet und 150 verletzt. Laut N-TV gab es sogar einen Schießbefehl gegen DemonstrantInnen, der amtierende Präsident leugnet dies jedoch.

 

Die Menschen haben die schnauze Voll – das beweisen hunderte Bilder die auf Twitter zu finden sind. Über 61 Prozent der Menschen muss mit weniger als einem US-Dollar am Tag auskommen und etwa 90 Prozent leben von Subsistenzwirtschaft. Der kleine wirtschaftliche Aufschwung der seit sechs, sieben Jahren anhält, kommt nur einer kleinen Oberschicht in den städtischen Zentren des Landes zu gute.

Thomas Sankara als Hoffnungsträger und sein Erbe

Noch immer gilt für viele Menschen in Burkina Faso Thomas Sankara als Hoffnungsträger. Der 1987 durch die aktuelle Militärdiktatur umgebrachte feministische Marxist und Panafrikanist, hatte eine gänzlich andere Vision für Burkina Faso und Afrika. „Nun ist es an der Zeit, den Weg des 1987 ermordeten Präsidenten Sankara, der für tatsächliche Unabhängigkeit vom Kolonialismus und Ernährungssouveränität stand und dafür große internationale Anerkennung fand, wieder aufzunehmen,“ äußert sich Movassat zu der Möglichkeit, den 1987 gewaltsam unterbochenen Weg fortzusetzen. Thomas Sankara wird von vielen Medien als der Che Guevara Afrikas bezeichnet und noch immer trägt eine der Oppositionsparteien seinen Namen: Mouvement sankariste. Kopf dieser Partei ist Bénéwendé Sankara, welcher bei den Wahlen 2010 als Präsidentschaftskandidat auf dem dritten Platz landete.

 

Ausgangssperre verhängt – Wie geht es weiter?

Im Land selbst fragen sich indes immer mehr Menschen, was mit dem Präsidenten eigentlich los ist. An seiner statt, meldet sich immer häufiger der Militärapparat zu Wort. So berichtet ein Journalist aus der Hauptstadt Ouagadougou: „Der Armeechef kündigt Auflösung des Parlaments und der Regierung an. Ein Übergangsorgan werde eingesetzt, um innerhalb von 12 Monaten zum Normalzustand zurückzukehren. Ausgangssperre bis auf Weiteres zwischen 19 h und 6 h.“ Doch wie soll es weiter gehen? Egal wohin die Reise der Protestierenden geht: Ein weiter so wird es nicht geben. Für viele DemonstrantInnen ist eigentlich klar, dass man den 1987 abgebrochenen Weg weitergehen muss. Für eine vollständige Unabhängigkeit des Landes von kolonialen- und postkolonialen Strukturen.

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