I Save the Arctic – Ein Gespräch über Eisbären und den Kampf gegen mächtige Gegner

Die Arktis gehört uns allen – und so soll es bleiben, fordert Greenpeace.  Anrainer und Industrie dagegen wollen sie für sich beanspruchen und kommerziell ausbeuten. Das muss verhindert werden, meint die Umweltorganisation und dringt auf ein Schutzgebiet.

Die Arktis ist der Lebensraum einzigartiger Tiere wie dem Eisbären. Wie kein anderes ist er zum Symbol für den Klimawandel geworden. Doch wenn das Eis schmilzt, betrifft das uns alle: Als eine Art „Klimaanlage der Erde“ stabilisiert die Arktis globale Wetterverhältnisse, von denen auch unsere Nahrungsmittelproduktion abhängt. Denn das Eis reflektiert den Großteil der Sonnenstrahlen und wirft ihre Hitze zurück ins All.

Die Region um den Nordpol erwärmt sich doppelt so schnell, wie der Rest der Welt – bereits drei Viertel der Eisdecke sind in den letzten 30 Jahren verschwunden. Während der Lebensraum von Eisbären und anderen Polarbewohnern schrumpft, lecken sich Anrainerstaaten und Industrie die Finger nach den arktischen Ressourcen, die erst mit der fortschreitenden Eisschmelze erschließbar werden.

Mit der Kampagne „Save the Arctic“ stellen sich Greenpeacer weltweit gegen diese übermächtigen Gegner. Matthias Flieder erzählt vom gewaltfreien Kampf für die Region um den Nordpol.

Seit Mitte 2012 hat Greenpeace weltweit über 6,6 Millionen Unterschriften gesammelt. Worum geht es dabei und was ist Ziel der Kampagne?

Der Fokus liegt eben auf dieser Petition, mit der wir versuchen, ein Schutzgebiet in der Hohen Arktis einzurichten. Obwohl das Ziel eigentlich noch etwas größer ist: Greenpeace versucht zu verhindern, dass die Arktis kommerziell genutzt wird. Da geht’s gerade mengenmäßig vor allem um Öl und Gas, aber auch um andere Rohstoffe; seltene Erden, Fischbestände und auch die Nutzung der Seewege.

Konkret fordern wir dieses Schutzgebiet. Das umfasst auch nicht die gesamte Arktis, sondern nur den Teil, der in der Mitte vom arktischen Ozean liegt und bisher meistens von Eis bedeckt war. Der gehört völkerrechtlich erst mal niemandem, die Hoheitsgebiete der Anrainerstaaten enden schon vorher.

Jetzt geht es darum, dass die anliegenden Staaten Russland, Kanada, USA, Dänemark und Norwegen auch dieses Gebiet oder Teile davon für sich beanspruchen. Greenpeace möchte das durch die Einrichtung von so einem Schutzgebiet gerne verhindern. Aber das betrifft eben nur einen Teil der Arktis.

Gazprom bohrt bereits in arktischen Gewässern nach Öl und das hat mit dem geforderten Schutzgebiet überhaupt nichts zu tun. Die Bohrungen sind davon weit entfernt und ziemlich nah an der Küste. Da ist Greenpeace auch gegen, weil wir eben grundsätzlich kein Öl aus der Arktis wollen. Aber das sind halt Hoheitsgewässer der Russen; da können die machen, was sie wollen.

Dass die Arktis-Anrainer ihre Hoheitsgebiete ausweiten wollen, ist ja eine relativ junge Entwicklung. Warum?

Die Frage, wem dieses Gebiet Hohe Arktis gehört und wer sie kommerziell nutzen darf, hat sich bisher einfach nicht gestellt. Das wird ja überhaupt erst mit dem Eisrückgang möglich und dass man in dem Gebiet mal nach Rohstoffen suchen oder fischen kann, kann ja noch länger dauern. Expertenmeinungen gehen da auseinander und es ist auch schwer, eine Entwicklung zu prognostizieren.

Aber die Anrainerstaaten wollen eben jetzt schon dieses Gebiet für sich aufteilen.

Da ist es auch schwer anzusetzen; das ist ja immer das Problem bei staatlichen Akteuren: Die lassen sich nicht so leicht durch spektakuläre Aktionen beeindrucken wie Konzerne.

Also Unternehmen kriegt man leicht über die Publicity; die finden es nicht gerade cool,  wenn ständig Greenpeace-Aktivisten darauf hinweisen, dass sie in irgendeiner Weise die Umwelt schädigen. Das ist schlecht fürs Image und damit im Endeffekt auch für Verkaufszahlen. Aber dem russischen Staat ist es ziemlich schnurzegal, ob Greenpeace-Aktivisten dagegen wettern oder nicht.

Ihr sammelt nicht nur Unterschriften für dieses Schutzgebiet, sondern habt auch eine Protestmail gegen Gazprom. Das ist doch ein Konzern.

Ja, da versucht man anzusetzen. Aber gerade so große multinationale Unternehmen, die in dem Sinne nicht in einer Konkurrenzsituation stehen, beziehungsweise das Produkt nicht so unmittelbar verkaufen, sind natürlich schwerer zu kriegen.

Es gibt nur in wenigen Ländern überhaupt Gazprom-Tankstellen, bei denen man sagen könnte „da geh ich nicht mehr hin“ oder „da machen wir direkte Aktionen“. Das passiert alles eher indirekt. Wer weiß schon welches Gas wie und wo ankommt; wie viel importieren wir aus Russland – das ist alles nicht so leicht greifbar. Es ist viel einfacher zu sagen, „die Pullis bei Adidas sind verseucht“.

Ein spezielles Problem bei Gazprom ist außerdem, dass es sich um einen Staatskonzern handelt. Da ist es viel schwieriger  Aktionen zu machen ohne gleichzeitig bei den Russen das Gefühl zu erwecken, man hätte was gegen sie oder den Staat oder wolle sie bevormunden oder so etwas. Viele Menschen setzen Kritik an Gazprom gleich mit Kritik am Staat; man muss sehr darauf achten, wie man das formuliert. Greenpeace Russland hat da auch einen sehr schwierigen Stand und ist hauptsächlich darum bemüht, Positivkampagnen zu machen, um überhaupt ein vernünftiges Ansehen zu bekommen.

Du bringst dich ja gerade bei der Arktiskampagne stark ein. Was gefällt dir so gut an dieser Kampagne und speziell daran, mit einem lebensgroßen Eisbärenkostüm durchs Land zu touren?

Das Tolle an der Kampagne ist, dass sie so global aufgestellt ist. Gerade dieser „I love Arctic“-Day hat gezeigt, dass Menschen weltweit auf die Straße gehen – das ist schon `ne ganz coole Sache, dass es weltweit Menschen gibt, die das gleiche Ziel verfolgen.

Am Anfang war es natürlich spannend zu sehen, was man mit dem Bären alles machen kann und wie die Leute drauf reagieren. Das hat mit der Zeit etwas nachgelassen. Was ich aber immer noch spannend finde, ist die ganzen Greenpeace-Gruppen in den verschiedenen Städten kennenzulernen.

Es ist auch ein bisschen paradox, dass wir den Eisbären als großes Kuscheltier so verharmlosen, obwohl er eigentlich ein sehr gefährliches Raubtier ist.  Aber da sieht man wieder mal, dass Menschen von Emotionen geleitet werden. Also klar, etwas Großes, Auffälliges muss man eigentlich immer haben, um die Leute aus ihrem Alltagstrott  herauszureißen. Und gerade so ein Kuscheltier, etwas mit Fell, was lieb aussieht und so groß und behäbig hin und her wackelt – das funktioniert. Die Leute wollen alle hin und anfassen; das ist schon faszinierend zu sehen, wie so ein Aktionstool funktionieren kann.

Für wie erfolgversprechend hältst du die ganze Sache? Kann die Arktis gerettet werden?

Ganz ehrlich muss ich sagen: Ich glaube nicht, dass die Vereinten Nationen dort ein Schutzgebiet einrichten werden, wie Greenpeace mit dieser Petition fordert. Schon allein, weil die Anrainer bereits dabei sind, das Gebiet unter sich aufzuteilen, um es wirtschaftlich zu nutzen. Andere sehen das Ganze vielleicht optimistischer.

Übergeordnet ist die Arktis ohnehin nur dadurch zu retten, dass wir den Klimawandel stoppen, sonst wird irgendwann das Eis geschmolzen sein. Das heißt, wir kämpfen gegen die ganzen lokalen Probleme, die entstehen können, wenn da nach Öl gebohrt wird – Unfälle, Verseuchung und die ganzen Folgen, die damit zusammenhängen.

Das Thema Arktis wird auf jeden Fall noch viele Jahre im Greenpeace-Programm sein. Wenn nicht zufällig doch alle Akteure sagen, „okay, wir lassen die Arktis in Ruhe“, aber das ist ja nicht absehbar. Und dass die Arktis wieder so zufriert, dass da nichts gemacht werden kann, ist auch unwahrscheinlich.

Autorin: Nanna Zimmermann

Dir gefällt der Artikel? Dann unterstütze doch unsere Arbeit, indem Du unseren unabhängigen Journalismus mit einer kleinen Spende per Überweisung oder Paypal stärkst. Oder indem Du Freunden, Familie, Feinden von diesem Artikel erzählst und der Freiheitsliebe auf Facebook oder Twitter folgst.

Unterstütze die Freiheitsliebe

Zahlungsmethode auswählen
Persönliche Informationen

Spendensumme: 3,00€

Teilen:

Facebook
Twitter
Pinterest
LinkedIn

5 Antworten

  1. Passt nicht gerade zur Überschrift, aber ich möchte dieses Video hier trotzdem nochmal reinstellen, da mich es immer noch wundert, warum es so wenig verbreitet ist.

    Der ehemalige Spiegel Journalist Harald Schumann redet Klartext und prangert die Interne Pressefreiheit in Deutschland an.

    Schumann: “… das ist in der deutschen Presse Gang und Gäbe, dass Chefredakteure oder Resortleiter ihren Untergebenen sagen, wie sie zu denken haben. Dass Vorgaben gemacht werden, was sie recherchieren dürfen und was nicht, und dass viele junge Kollegen daran gehindert werden überhaupt kritische Journalisten zu werden weil ihre Vorgesetzten das gar nicht wollen.”

    Interviewer: “Sie nehmen ausdrücklich die ÖR-Anstallten nicht aus, warum?”

    Schumann: “Weil ich genügend Kollegen aus ÖR-Anstallten kenne, die mir genau solche Geschichten berichtet haben und mir das hundertfach bestätigt haben. Insofern, die sind da nicht aus zunehmen.”

    https://www.youtube.com/watch?v=d1ntkEbQraU

  2. naja ist mir ja eigendlich vayne aber ich bin possitiv nicht überrascht so einen scheiß hab ich sch5tgotznh6uzjt ujltat umttusfn asfafnjd

  3. naja ist mir ja eigendlich vayne aber ich bin possitiv nicht überrascht so einen scheiß hab ich sch5tgotznh6uzjt ujltat umttusfn asfafnjd

  4. naja ist mir ja eigendlich vayne aber ich bin possitiv nicht überrascht so einen scheiß hab ich sch5tgotznh6uzjt ujltat umttusfn asfafnjd

  5. naja ist mir ja eigendlich vayne aber ich bin possitiv nicht überrascht so einen scheiß hab ich sch5tgotznh6uzjt ujltat umttusfn asfafnjd

Freiheitsliebe Newsletter

Artikel und News direkt ins Postfach

Kein Spam, aktuell und informativ. Hinterlasse uns deine E-Mail, um regelmäßig Post von Freiheitsliebe zu erhalten.

Neuste Artikel

Abstimmung

Ist die Position der Bundesregierung im Gazakrieg richtig?

Ergebnis

Wird geladen ... Wird geladen ...

Dossiers

Weiterelesen

Ähnliche Artikel

Die Klimabewegung braucht einen Perspektivwechsel

Mehr als zwei Drittel der historischen Treibhausgasemissionen werden durch den Globalen Norden verursacht. Ronja Hegemann fordert eine antikapitalistische Klimagerechtigkeitsbewegung, die die Perspektive des Globalen Südens