Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft für Neoliberalismus statt Pluralismus

Plurale Ökonomie
Plurale Ökonomie

Die von den Metall-Unternehmen finanzierte „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ will studentische Bewegung „für eine Plurale Ökonomik“ per Umarmung ersticken.

Die „Internationale Studentische Initiative für eine Plurale Ökonomik“ hat die Propagandisten des scharfen Neoliberalismus auf den Plan gerufen. 40 Vereinigungen von Studierenden aus 19 Ländern haben dazu aufgerufen, „die ökonomische Lehre zu verändern“, weg von der marktwirtschaftlichen Einseitigkeit und hin zu „theoretischem Pluralismus, methodischem Pluralismus und Interdisziplinarität“. Die quantitativen Methoden müssten ergänzt werden durch andere sozialwissenschaftliche Methoden. Studierende müssten die sozialen Auswirkungen und ethischen Implikationen ökonomischer Entscheidungen verstehen. Nach kurzer Schreck-Starre hat die neoliberale PR-Maschine „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM) betont zustimmend reagiert.
Vielfalt statt Einfalt, schreibt ihr Kommentator Clemens Schneider, sei das, „was die Wirtschaftswissenschaften brauchen“. Schon Friedrich von Hayek, der geistige Urvater des Neoliberalismus, sei dafür gewesen, statt der naturwissenschaftlich-quantitativen Verfahrensweise die qualitativen Erscheinungen in Wirtschaft und Gesellschaft zu untersuchen. Der Illusion der Machbarkeit durch staatlich-regulatorische Maßnahmen müsse entgegen getreten werden. „Skepsis und intellektuelle Demut mussten einem ungebremsten Rationalitätsoptimismus weichen.“ Der Bock will sich zum Gärtner aufschwingen. Die INSM ist eine Lobby-Firma reinsten Wassers, eine PR- Agentur der deutschen Großindustrie. 1999 wurde sie vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall gegründet, der bis heute für die jährliche Finanzierung mit rund 7 Millionen Euro sorgt. Wissenschaftliche Stütze ist vor allen das ebenfalls von den Unternehmerverbänden finanzierte Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Vorsitzender des Kuratoriums der INSM ist Wolfgang Clement, der Minister für Wirtschat und Soziales in der Schröder-Regierung, zuständig für die 2010-Reformen, die Deutschland auf den reinen neoliberalen Kurs brachten. Clements Vorgänger im Vorsitzendenamt war Hans Tietmeyer, der davor Chef der Bundesbank war. Die INSM ist eine Speerspitze der neoliberalen Propaganda in Deutschland. Sie ist auch eine treibende Kraft im Stockholm Network, einem Dachverband der in Europa aktiven neoliberalen PR-Agenturen.

Das bringt uns wieder zu Friedrich von Hayek, dem Gottvater von INSM und Neoliberalismus. Hayek berief 1947 die Mont Pelerin Gesellschaft ein, die weltweit hunderte von Gesellschaften gründete, die auf die Durchdringung der nationalen Gesellschaften mit neoliberalen Ideen drückte. Mit-Gründer in Mont Pelerin war Milton Friedman, dessen „Chicago-Boys“ nach dem Staatsstreich von CIA, IBM und Militär gegen die demokratisch gewählte Allende-Regierung in Chile die erste neoliberale Staatsordnung organisierten, mit Tausenden von toten Demokraten und der Abschaffung der Rechte der gewerkschaftlichen Organisation. Demokratie ist der wüsteste Gott-sei-bei-uns der Neoliberalen. Das höchste Ziel, schreibt Hayek wörtlich, ist die Freiheit, nicht die Demokratie. Der Wettbewerb, heißt es da, sei das „Entdeckungsverfahren, das Findigkeit und Leistungswillen des einzelnen zum Wohle der Gemeinschaft nutzt.“ Nur der Wettbewerb auf offenen Märkten könne diese unverzichtbare soziale Funktion erfüllen. Freiheit, der Imperativ dieser Ordnung lautet: Freie Bahn dem Stärksten, aus dem Weg mit den Verlierern. Ganz im Sinne des Propheten schreibt ein Adept am 8.Juni 2014 in der ‚Frankfurter Allgemeinen Sonntags- zeitung‘ unter der Überschrift: „Demokratie ist überbewertet“ zum TTIP (Transatlantic Trade and Invest- mentpartnership): „Freihandel ist demokratische Selbstbindung. Das soll demokratischen Blödsinn verhindern.“ Die Reklamation der INSM, sie singe mit im Chor der Verfechter eines Pluralismus in der Ökonomie, ist verlogen. Die Kommandohöhen in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft sind besetzt von Vertretern ihrer neoliberalen Richtung. Ob in den USA oder der EU, bei Europäischen Zentralbank oder der Bundesbank, überall sitzen Komplizen ihrer Lehrgemeinschaft. Es geht in Wahrheit nicht um das Gegeneinander von „quantitativen gegen qualitative Methoden“ der Lehre, das Problem stellt sich vielmehr so dar: Wir haben eine vorgegebene qualitative Richtung der Volkswirtschaftslehre, alle quantitativen Methoden werden hinein gepasst. Es geht also nicht nur darum, über Qualitäten allgemein zu reden, sondern eine neue einzufordern.

Ein Gastbeitrag von Conrad Schuhler von der Initiative für eine plurale Ökonomik

 

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